|  | Am Sonntag, dem 12. März, zeigte der britische TV-Sender BBC     2 einen Dokumentarfilm von Alan Little. Der Film heißt: "Moralische Kriegsführung:     Die Nato im Krieg." Er enthält erdrückende Beweise, daß die Clinton-Regierung sich     einen Vorwand zum Krieg gegen das serbische Regime von Milosevic schuf, indem sie die     separatische Kosovo-Befreiungsarmee UCK unterstützte, und daß sie dann ihre Entscheidung     gegen die europäischen Verbündeten durchsetzte. Die Enthüllungen wurden von einem     zeitgleichen Artikel in der Zeitung "Sunday Times" ergänzt.
 Little führte Interviews mit Personen durch, die im Kosovo-Krieg eine Rolle gespielt     hatten. Am interessantesten waren die Gespräche mit US-Außenministerin Madeleine     Albright, dem stellvertretenden US-Außenminister James Rubin, US-Vermittler Richard     Holbrooke, William Walker, dem Leiter der Uno-Überwachungsmission, und UCK-Führer Hashim     Thaci. Sie wurden durch weitere Interviews ergänzt.
 
 Die Dokumentation zeigte auf, wie die "Feindschaft
   gegen Milosevic aus einer     suspekten Guerilla-Truppe Verbündete der mächtigsten Nation der Erde machte". Seit     der Zeit des Krieges in Bosnien 1995 versuchte die UCK, die weitverbreitete Feindschaft     der Kosovo-Albaner gegen das Belgrader Regime auszunutzen. Sie verfolgte die Strategie,     die serbische Provinz Kosovo durch terroristische Akte zu destabilisieren, und hoffte,     daß die USA und die Nato schließlich eingreifen würden. Sie überfiel serbische     Patrouillen und tötete Polizisten. 
 UCK-Führer Thaci erläuterte dazu: "Jede unserer bewaffneten Aktionen wurde mit     Vergeltung gegen Zivilisten beantwortet. Uns war klar, daß wir viele Zivilisten in Gefahr     brachten." Die Früchte dieser Strategie erklärte Dug Gorani, ein nicht zur UCK     gehörender Verhandlungsführer der Kosovo-Albaner: "Je mehr Zivilisten getötet     wurden, desto größer wurde die Chance auf eine internationale Intervention. Die UCK     begriff das natürlich auch. Ein ausländischer Diplomat sagte mir einmal: ,Schau mal,     solange ihr nicht mindestens fünftausend Tote zu bieten habt, werdet ihr niemals     irgendwelche ausländischen Mächte im Kosovo stationiert bekommen." Albright     gefiel die Strategie der UCK, weil die USA unbedingt einen militärischen Konflikt mit     Serbien wollten. Ihre Interviews begannen mit den Worten: "Ich glaube an die Größe     und Güte der Macht, der Macht der Verbündeten unter Führung der Vereinigten     Staaten." Die Provokationen der UCK wurden zum Mittel, mit dem der Einsatz dieser     Macht gerechtfertigt werden konnte.
 
 Der Angriff der serbischen Armee vom 5. März 1998 in Prekaz auf das Haus von Adem     Jashan, einem führenden Kommandanten der UCK, bei dem 53 Menschen starben, wurde Anlaß     eines Treffens der Nato-Kontaktgruppe vier Tage danach. Albright drängte auf einer harte     antiserbische Reaktion. "Ich hielt mich für verpflichtet, meinen Kollegen zu sagen,     daß wir nicht die Fehler von Bosnien wiederholen dürften, wo es viel Gerede und keine     Taten gegeben hatte", meinte sie gegenüber Little.
 
 Die Nato drohte Belgrad zum ersten Mal mit einer militärischen Reaktion. "Die     Interessen der UCK und der Nato-Verbündeten fielen zusammen", kommentierte Little.     Dann zeigte er, wie ein weiteres Treffen zwischen US-Vermittler Richard Holbrooke und     UCK-Mitgliedern in Junik Belgrad verärgerte und die albanischen Separatisten ermunterte.     General Nebojsa Pavkovic, der Kommandeur der jugoslawischen Armee im Kosovo, erklärte:     "Wenn der offizielle Vertreter eines anderen Landes hierherkommt, Regierungsbeamte     einfach ignoriert und statt dessen ein Treffen mit den albanischen Terroristen abhält,     dann ist es ziemlich klar, daß diese Unterstützung bekommen." Lirak Cejal, ein     UCK-Kämpfer, ging noch weiter: "Von diesem Zeitpunkt an wußte ich, daß die USA,     die Nato, die Hand über uns halten würden. Sie suchten den Kopf der UCK, und als sie ihn     fanden, wollten sie die UCK an die Hand nehmen und kontrollieren."
 
 Im Oktober 1998 hatte die Nato ein Waffenstillstandsabkommen durchgesetzt, teilweise     durch Drohungen und teilweise, weil Serbien gegen die UCK Erfolge erzielt hatte. Eine     Überwachungsmission unter dem Schirm der OSZE und der Führung von William Walker wurde     in die Provinz geschickt.
 
 Littles Dokumentarfilm weist nur in dem Interview mit Cejal auf die Kontrolle der UCK     durch die USA hin, und da auch nur in einer Anekdote. Es scheint, daß sich die BBC in     dieser Frage etwas zurückhielt, da am Tag der Ausstrahlung von Littles Dokumentarfilm ja     auch der Artikel in der "Sunday Times" erschien.
 
 Die Times-Journalisten Tom Walker und Aidan Laverty schrieben dort: "Zahlreiche     Amerikaner, die direkt in CIA-Aktivitäten verwickelt oder daran beteiligt waren, haben     mit den Autoren von ,Moral Combat gesprochen, einer Dokumentation, die heute Abend     auf BBC 2 ausgestrahlt wird. Sie sprachen auch mit der Sunday Times über ihre geheimen     Operationen der verdeckten Unterstützung für die UCK, die der Nato-Bombardierung des     Kosovo vorausgingen."
 
 Die "Sunday Times" erklärte, daß die anonymen Quellen "zugaben, die     Kosovo-Befreiungsarmee mit ausgebildet zu haben". Sie fügte hinzu, daß die     CIA-Offiziere "1998 und 1999 den Waffenstillstand überwachten, Beziehungen mit der     UCK anknüpften, ihr amerikanische Ausbildungspläne gaben und sie militärisch berieten,     wie man die jugoslawische Armee und serbische Polizei am besten bekämpfe."
 
 Die Times fuhr fort: "Vor einem Jahr, als sich die Organisation für Sicherheit     und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die die Überwachung koordinierte, eine Woche vor     Beginn der Luftschläge aus dem Kosovo zurückzog, wurden viele ihrer     Satellitenverbindungen und globalen Positionierungssysteme insgeheim an die UCK     übergeben, um sicherzustellen, daß die Kommandeure mit der Nato und Washington in     Verbindung bleiben konnten. Einige UCK-Führer kannten die Handynummer von General Wesley     Clark, dem Nato-Kommandanten." Der Artikel zitiert im folgenden ungenannte     "europäische Diplomaten, die damals für die OSZE arbeiteten", die     "behaupteten, sie sei von einer amerikanischen Politik verraten worden, die     Luftschläge unausweichlich machte." Sie zitierten einen europäischen Gesandten, der     den OSZE-Verhandlungsleiter Walker beschuldigte, er leite eine CIA-Operation: "Die     amerikanische Delegation war mit ihren diplomatischen Beobachtern, auch bekannt als CIA,     bestückt, die mit vollkommen unterschiedlichen Vorgaben arbeiteten als der Rest aus     Europa und der OSZE." Walker war als amerikanischer Botschafter in El Salvador     gewesen, als die USA die Unterdrückung der dortigen linken Rebellen ermöglichten, und er     wird im allgemeinen als CIA-Mann betrachtet. Er bestreitet dies, aber gegenüber der     "Sunday Times" räumte er ein, es sei fast sicher, daß die CIA in die     unmittelbaren Vorbereitungen der Luftschläge verwickelt gewesen sei: "Über Nacht     hatten wir hier statt einer Handvoll Menschen plötzlich 130 Personen oder mehr. Konnte es     die CIA sein, die sie zu diesem Zeitpunkt hergeschickt hatte? Sicherlich konnte das sein,     das ist ja ihre Aufgabe."
 
 Die Zeitung zitiert die relativ offenen Kommentare ihrer CIA-Quellen: "Das war     eine CIA-Front; sie sammelte Informationen über die Bewaffnung und Führung der     UCK", sagte einer. "Ich sagte ihnen, welchen Hügel sie vermeiden, welchen Wald     sie umgehen sollten, und solche Sachen", sagte ein anderer.
 
 Um diese Behauptungen abzurunden, bemerkte die Sunday Times, daß Shabun Shala, ein     UCK-Kommandant, der heute in der Kampagne zur Destabilisierung albanischer Gebiete in     Serbien aktiv ist, ausgesagt habe, er habe 1996 in Nordalbanien britische, amerikanische     und Schweizer Agenten getroffen.
 
 Littles BBC-Dokumentation war etwas zurückhaltender mit der Behauptung, daß die CIA     die UCK unterstützt habe, aber sie veranschaulicht, wie die Gelegenheit des     Waffenstillstands ergriffen wurde, um den Separatisten die Kontrolle über das Kosovo zu     ermöglichen. Little erklärte, überall dort, wo die Serben ihre Kräfte in     Übereinstimmung mit dem Abkommen zurückzogen, sei die UCK nachgerückt. Der     militärische Führer der UCK, Agim Ceku, sagte: "Der Waffenstillstand war für uns     sehr nützlich, er half dabei, uns zu organisieren, uns zu konsolidieren und zu     wachsen." Trotz serbischer Proteste wurde nichts unternommen, um dies zu verhindern.     Little zufolge liegt der BBC ein vertrauliches Protokoll des Nordatlantikrates (NAC), dem     leitenden Gremium der Nato vor, worin es heiße, die UCK sei "Hauptinitiator der     Gewalt", und Walker nenne seine Aktionen im privaten Kreis eine "absichtlich     provokative Kampagne". Diese verdeckte Unterstützung der UCK durch die USA hat     Serbien provoziert, den Waffenstillstand zu beenden und die Armee zurück in das Kosovo zu     schicken. Der nächste große Wendepunkt der Ereignisse, die auf den Nato-Krieg gegen     Serbien zusteuerten, war das angebliche Massaker an Albanern in Racak am 15. Januar 1999.     Bis heute wird die Frage, ob serbische Soldaten in Racak Zivilisten in einem Racheakt     ermordet hätten, von Belgrad entschieden bestritten. Belgrad behauptet, die UCK habe das     angebliche Massaker gestellt und Leichen aus früheren Kämpfen dafür benutzt.
 
 Internationale Beobachter, die in das Dorf kamen, nachdem serbische Truppen den Tod von     15 UCK-Kämpfern bekanntgegeben hatten und sich zurückzogen, hatten nichts Ungewohntes zu     berichten gehabt. Erst am nächsten Morgen, nachdem die UCK die Kontrolle über das Dorf     zurückerobert hatte, besuchte Walker es und gab bekannt, daß serbische Polizisten und     jugoslawische Soldaten ein Massaker verübt hätten. Little bestätigt, daß Walker mit     Holbrooke und General Clarke Kontakt aufgenommen hatte, ehe er diese Meldung in die     Öffentlichkeit brachte.
 
 Racak sollte der letzte Vorwand für eine Kriegserklärung werden. Aber erst mußte     Washinton noch sicherstellen, daß die europäischen Mächte, die außer Großbritannien     immer noch auf eine diplomatische Lösung drängten, mit von der Partie sein würden. Die     Verhandlung in Rambouillet, Frankreich, fanden im Schatten eines drohenden Krieges statt.
 
 Little erklärt: "Die Europäer, von denen sich einige nur widerwillig zur     Androhung von Gewalt bekehren ließen, machten ernsthaft Druck für eine Lösung, die     sowohl Serben als Albaner hätten akzeptieren können. Aber die Amerikaner waren     skeptisch. Sie waren in anderer Absicht nach Rambouillet gekommen."
 
 Sowohl Albright als auch Rubin waren außergewöhnlich offen über die Ziele, die sie     in Rambouillet erreichen wollten. Sie präsentierten ein Ultimatum, das die serbische     Regierung nicht akzeptieren konnte, weil darin nicht nur eine Nato-Besetzung des Kosovo     enthalten war, sondern auch unbeschränkter Zugang zu ganz Serbien. Der serbische General     Pavcovic kommentierte: "Sie verlangten uneingeschränkte Bewegungsfreiheit, was sich     kaum von einer Besetzung unterschied. Niemand konnte so etwas akzeptieren."
 
 Das war die Absicht der USA. Albright erklärte der BBC: "Falls die Serben (dem     Ultimatum von Rambouillet) nicht zustimmen sollten, die Albaner aber zustimmten, dann gab     es einen ganz klaren Grund für die Anwendung von Gewalt." Rubin fügte hinzu:     "Selbstverständlich mußte es in der Öffentlichkeit so aussehen, als ob wir eine     Übereinkunft anstrebten, aber insgeheim wußten wir, daß die Chancen auf eine Zustimmung     der Serben sehr gering waren." Der UCK-Führer Thaci war das einzige Problem, weil er     den Einschluß eines Referendums über Unabhängigkeit forderte. So wurde am Valentinstag     Albright zu ihm geschickt mit der Aufgabe, ihn zu überzeugen. Veton Suroi, ein mit der     UCK rivalisierender Politiker, der an den Gesprächen beteiligt war, gibt eine offene     Beschreibung von Albrights Botschaft an Thaci: "Sie sagte: ,Ihr unterschreibt, die     Serben unterschreiben nicht, wir bombardieren. Ihr unterschreibt, die Serben     unterschreiben, dann habt ihr die Nato im Land. Ihr habt die Wahl."
 
 Nach drei Wochen Diskussion stimmte Thaci endlich zu und unterzeichnete den Vertrag von     Rambouillet. So war der Weg für die USA frei, einen offenen Krieg gegen Serbien zu     führen, einen Krieg, der mit den schmutzigen Tricks der CIA und politischen Manövern mit     Terroristen vorbereitet worden war.
 
 
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