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Verdächtige Parallelen

 
     
 
Mitte letzter Woche sprach sich nun auch die FDP-Bundestagsfraktion dafür aus, einen Parlamentsausschuß zur Untersuchung der BND-Verstrickung in den Irakkrieg einzusetzen. Damit wäre das notwendige Quorum von 25 Prozent, das für die Einsetzung eines derartigen Ausschusses notwendig ist, erreicht. Bis zuletzt hatte es Streit zwischen den Bündnisgrünen und der FDP über die Zielvorgabe eines derartigen Ausschusses gegeben. Während die Grünen (verständlicherweise) vor allem klären lassen wollen, ob und inwieweit BND-Agenten in Bagdad entgegen der Weisung der Bundesregierung kriegswichtige Informationen an die USA weitergegeben haben, will die FDP die Frage nach der politischen Verantwortung der damaligen rot-grün
en Regierung in den Mittelpunkt gestellt wissen.

Massiv gegen einen derartigen Untersuchungsausschuß haben sich die Union und die SPD ausgesprochen. Olaf Scholz, der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD, unterstrich, daß dort nicht mehr Aufklärung geleistet werden könnte als im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKG), zu dem freilich nicht mehr als neun Abgeordnete gehören. "Ein Untersuchungsausschuß wäre absurd, denn wir haben wirklich alles ermittelt", schimpfte Scholz gegen-über dem "Focus".

Im Geheimbericht an das PKG, von dem nur zirka ein Drittel für die Öffentlichkeit freigegeben wurde, geht die Regierung auf die Aktivitäten der beiden BND-Agenten ein, die während des Irakkriegs in Bagdad blieben. Seit dem 15. Februar 2003 (der Krieg begann am 20. März 2003) sei ein "Sondereinsatzteam" des BND im Irak gewesen, das vor allem den Zustand der irakischen Armee und des Regimes sowie die zivile Lage auskundschaften sollte. Die Informationen dieser beiden Mitarbeiter seien ausschließlich in die BND-Zentrale nach Pullach gegangen. Eine "direkte Verbindung" zu US-Stellen soll es nicht gegeben haben. Allerdings soll es zahlreiche Anfragen von US-Seite gegeben haben. Der BND habe sich aber auf die definierte Aufgabe beschränkt, nur bei der "Vermeidung von Angriffen auf völkerrechtlich geschützte Ziele" zu helfen. In diesem Dossier ist weiter davon die Rede, daß in insgesamt sieben Meldungen Koordinaten von Objekten und Beobachtungen in Bagdad an die Amerikaner übergeben worden seien, die entweder von keinerlei Interesse für die "strategische Luftkriegsführung" oder den USA bereits bekannt gewesen sein sollen. Daß die beiden BND-Agenten mit US-Verdienstmedaillen ausgezeichnet worden sind, bewertet die Bundesregierung als "langjährig geübte militärpolitische Praxis". Sie hätte in einer vergleichbaren Situation ähnlich gehandelt. Wenn diese Praxis aber nichts anderes als Routine darstellen soll, dann stellt sich die Frage, warum sich die Amerikaner in ihrer Laudatio ausdrücklich für "entscheidende Informationen an das US-Zentralkommando zur Unterstützung von Kampfoperationen im Irak" bedankten ("Der Spiegel")? Und auch die Behauptung von Ernst Uhrlau, des neuen Präsidenten des BNDs, man habe den Amerikanern nur "Spielmaterial", das militärisch "nicht relevant" gewesen sei, übergeben, klingt alles andere als überzeugend.

Ausgelöst wurde die ganze Affäre durch einen Artikel des als "Militärfachmann" gehandelten Michael Gordon in der "New York Times" ("NYT") vom 27. Februar dieses Jahres mit dem Titel "Deutsche halfen bei US-Angriff auf den Irak". Hier findet sich eine Abbildung, die angeblich die Verteidigungsmaßnahmen Saddam Husseins rund um Bagdad zeigt. Diese Abbildung ist mit dem Kommentar versehen: "Eine Skizze von Saddams Husseins Verteidigungsplan für Bagdad, die er irakischen Generälen am 18. Dezember 2002 präsentierte. Er wurde von deutschen Geheimagenten übergeben und dem US-Militär zur Verfügung gestellt. Er ist in einem Bericht des US Joint Forces Command (US-Oberkommando) über die irakische Strategie enthalten." Die Bundesregierung dementierte umgehend, daß der BND einen derartigen Plan besessen oder an die USA weitergegeben habe. Bill Keller, Chefredakteur der "NYT", behauptet hingegen, daß die USA diese Skizze im Februar 2003 erhalten habe: "Der Bericht (des US-Oberkommandos) stellt eindeutig fest, daß die Deutschen die Zeichnung beschafften" ("Focus"). Daß die Behauptungen in diesem Bericht nichts anderes als "Desinformation" seien, dieser Meinung ist PKG-Mitglied Bernd Schmidbauer (CDU), der in der Zeit der Regierung Kohl Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt war. Hierfür hat Schmidbauer gute Gründe, ist doch der angebliche Verteidigungsplan Saddams Husseins mehr als dubios. So urteilte zum Beispiel der Publizist Peter Scholl-Latour, der bei einer Irakreise im Februar 2003 keinerlei irakische Verteidigungsvorbereitungen erkennen konnte, in einem Kommentar für die Berliner Wochenzeitung "Junge Freiheit": "Die kreisrunden Verteidigungsringe entsprechen keiner topographischen Realität, und die Aufzählung angeblicher Kampfeinheiten läßt sich mit der Lupe als Hirngespinst entlarven." Verdacht erregt auch der Ort der Veröffentlichung dieser Skizze: Die "NYT" steht wegen ihrer Bush-freundlichen Berichterstattung selbst in den USA nachhaltig in der Kritik.

Bleibt die Frage nach dem Zeitpunkt dieser Veröffentlichung: Warum erscheinen die "NYT"-Enthüllungen gerade zum jetzigen Zeitpunkt? Ins Zwielicht geraten ist vor allem die damalige rot-grüne Regierung, die in Person von Gerhard Schröder eine deutsche Kriegsbeteiligung vehement bestritten hat. Kein deutscher Soldat sollte irakischen Boden betreten.

Träfen die Enthüllungen der "NYT" zu, stünde die rot-grüne Regierung in einem üblen Licht. Oder deutlicher gesagt: Schröder und seine Regierung wären der Lüge und in der arabisch-islamischen Welt, zu der Deutschland traditionell gute Beziehungen unterhält, als "bedingungsloser Helfer der USA" (Scholl-Latour) überführt.

Dient also diese ganze Affäre vor allem dazu, Deutschlands Ruf in der arabisch-islamischen Welt zu beschädigen, um die Regierung Merkel dann nur um so enger an die USA binden zu können? Daß derartige Schlußfolgerungen möglicherweise ein Gran an Wahrheit haben könnten, zeigt ein Hinweis des Journalisten Udo Ulfkotte, der in seinem soeben erschienenen Buch "Der Krieg im Dunkeln - Die wahre Macht der Geheimdienste" unter anderem auf die Krawalle in Frankreich Ende letzten Jahres zu sprechen kommt. Ulfkotte behauptet, "Geheimdienstmitarbeiter" hätten ihm kolportiert, sie seien in einigen französischen Städten auf israelische "agents provocateurs" gestoßen. Seit langem gäbe es den Informanten Ulfkottes zufolge Bemühungen des israelischen Geheimdienstes Mossad, in Frankreich, das seit Jahrzehnten proarabisch ausgerichtet ist, eine antiarabische und antimuslimische Stimmung zu schüren.

Gesetzt den Fall, diese Informationen sind zuverlässig, liegt die Schlußfolgerung nahe, daß es sowohl in den USA als auch in Israel Bestrebungen gibt, diejenigen Staaten, die sich dem Irakkrieg verweigert haben, also vor allem Deutschland und Frankreich, im Zuge des weltweiten "Kriegs gegen den Terrorismus" zu einem engeren Schulterschluß mit den Vereinigten Staaten zu bewegen und "Sonderwege" zu erschweren. Dies möglicherweise auch um den Preis, daß deren Ansehen in der arabisch-islamischen Welt nachhaltig untergraben wird. Ziel aller dieser Aktionen könnte sein, die Reihen des Westens vor einem möglichen Militärschlag gegen den Iran zu schließen.
 
     
     
 
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