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Zurückhaltung in Ost-Timor

 
     
 
Ein Vierteljahrhundert nachdem die durchaus kommunistisch geprägte sogenannt Revolution der Nelken wie ein Blitz in Portugal einschlug und unter anderem dazu führte daß praktisch über Nacht die überseeischen Provinzen des Landes in eine mehr als fragwürdige Unabhängigkeit entlasssen wurden, brennt jetzt die letzte Fackel de einstigen Kolonialreiches lichterloh: Ost-Timor. Und sie wird es auch noch ungeachtet de jetzt von Indonesien
für das Territorium zugelassenen UN-Sicherheitstruppen tun.

Seit dem Einziehen der portugiesischen Flagge auf dem kleinen, nicht mit übergroße Wirtschaftskraft, aber damals mit einer guten Infrastruktur ausgestattete Inselterritorium ist Ost-Timor nicht mehr zur Ruhe gekommen. Kurzerhand wurde es vo Indonesien 1975 annektiert und von den Machthaber in Djakarta zur 27. Provinz erklärt.

Die Weltmächte, und allen voran die Vereinigten Staaten, ließen unterdesse Indonesien unter dem mit seinen Generälen verzahnten Diktator Suharto gewähren, ware sie doch allesamt an der wirtschaftlichen und militärischen Stabilität Indonesiens a einem letztlich pro- "westlichen" Bollwerk im pazifischen Großrau interessiert. Da der schon zu portugiesischer Zeit aufgekeimte Wille zur Unabhängigkei in Ost-Timor blieb und Djakarta alles unternahm, um ihn zu unterdrücken, nahm die Wel auch die lange Blutspur in Kauf.

Theoretisch allerdings haben die Vereinten Nationen den indonesischen Handstreich in Hinblick auf Ost-Timor nie anerkannt. Folglich hat das Nato-Land Portugal de jure bi heute für einen geordneten Übergang des Territoriums in die Unabhängigkeit zu sorgen Gelegentlich wird, unter vorgehaltener Hand, auf diesen so wichtigen Umstand hingewiesen Ohne Erfolg, wie man weiß. Nicht zuletzt aber auf dieser Rechtsgrundlage konnten die Vereinten Nationen schließlich doch nicht umhin, das von einer Demokratie noch wei entfernte Indonesien zu drängen, einer Volksabstimmung in Ost-Timor zähneknirschen zuzustimmen. So geschah es, und am 30. August entschieden sich annähernd 90 Prozent de auf Ost-Timor lebenden Melanesier für einen unabhängigen Staat.

Der derzeitige indonesische Präsident Jusuf Habibie sowie die ihn fest in Hände haltenden Militärcliquen hatten für ein derartiges Ergebnis zunächst ihre ganz eigene Vorstellungen. In Ost-Timor seit Jahren operierende sogenannte Milizen setzten unmittelba nach dem Abstimmungsergebnis das gesamte Territorium unter Druck, brandschatzten, raubte und schreckten nicht vor Massenmorden zurück. Von mehr als 200 000 nach West-Timo oder Australien geflohenen Menschen, mehr als einem Viertel der vorwiegend katholische Bevölkerung, ist die Rede. Annähernd 7000 Tote soll es bisher gegeben haben.

Ein toter Melanesier aus Ost-Timor ist unterdessen aber schon einer zu viel. Um so meh verwundert die Gelassenheit, mit der diese ganz offensichtlich ethnischen Säuberungen diese Menschenrechtsverletzungen von den UN-Verantwortlichen und vor allem von de führenden Personen des Weißen Hauses in Washington quittiert werden. Anders als in jüngsten Kosovo-Krieg gibt sich Bill Clinton mehr als zurückhaltend und stimmt nu zögerlich in den Kanon der Erstellung einer Friedenstruppe der UN zur Beendigung de Mordens und Plünderns ein, dem die indonesischen Militäreinheiten in Ost-Timor ohnehi zumeist tatenlos zusehen.

Ein solches Verhalten legt die Vermutung nahe, daß die Vereinigten Staaten in Sache Indonesien und Ost-Timor eine Art Politik des Spagats betreiben. Um den Genozid auf de Insel wird sehr wohl gewußt. Andererseits aber ist der Clinton-Administration in hohe Maße an einem halbwegs stabilen Indonesien gelegen. Seit Jahr und Tag wird diese Inselstaat auf Betreiben der USA mit beträchtlichen wirtschaftlichen, vor allem aber mi militärischen Mitteln versorgt. Übrigens fließen aus der Bundesrepublik seit der Zei des Diktators und Freundes von Helmut Kohl, Suharto, gleichfalls beträchtliche Summe in die Kassen von Djakarta.

Die Begründung für den US-Spagat ist relativ einfach: Die USA, die sich als erstrangige Welt- und Schutzmacht fühlen, sehen mit großer Besorgnis den wachsende Welteinfluß der Volksrepublik China, der in langer Frist unter Umständen durc Bündnisse beispielsweise mit Rußland und Indien verstärkt werden könnte. I Zusammenhang damit das chinesische Milliardenvolk rechtzeitig zu zernieren un entsprechende geographische Positionen zu festigen, ist in Zukunft vorrangiges Ziel de US-amerikanischen Außenpolitik. Nicht umsonst ist Außenministerin Madeleine Albrigh erst kürzlich zu Gesprächen nach Vietnam gereist. Daß Indonesien in einem solche Konzept einen wichtigen Faktor darstellt, liegt also auf der Hand. Stabilität kann dan auch das Paktieren mit zweifelhaften Generälen bedeuten. Menschenrechtsverletzungen wi in Ost-Timor sind dann zynischerweise nur noch von sekundärer Bedeutung
 
     
     
 
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