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Brennpunkt

 
     
 
Ein amerikanischer Vizepräsident wird von seiner Partei beinahe traditionsmäßi beim Auslaufen des Mandats oder des zweiten Mandats eines Präsidenten zu Präsidentschaftskandidaten gekürt. Das letzte Beispiel dafür war die Aufstellung un die Wahl von George Bush Senior als Nachfolger Ronald Reagans.

Daher schien alles in den normalen Bahnen der amerikanischen Politik zu verlaufen, als Vizepräsident Al Gore von der Demokratischen Partei für die Nachfolge Bill Clinton
nominiert wurde. Ein bekanntes Gesicht, eine bekannte Figur, ein Frauenliebling, geradez leidenschaftlich für den Umweltschutz engagiert und für die Reform und die Modernisierung des amerikanischen Regierungsapparates – er nennt dieses besonder Ziel "Neuerfinden der Regierung" – der Vertreter der US-Regierung in de bilateralen Kommission für die Entwicklung der Beziehungen, in erster Reihe de Wirtschaftsbeziehungen mit Moskau (Gore/Tschernomyrdin-Ausschuß). Alles schien klar durchsichtig, Gore konnte man nur mindere "Vergehen" anlasten, wie etwa de Auftritt in einem Buddhistentempel in Kalifornien zwecks Werbung für Wahlkampfspenden in Zuge der Wahlkampagne 1996 oder Telefonaktionen zu Lasten des Weißen Hauses, um Spende für die Demokraten zu sammeln. Alles Bagatellen im Vergleich zur Monika-Lewinsky-Affäre.

Viele Publikationen haben versucht, seine vielschichtige, widerspruchsreiche und schwe durchschaubare Persönlichkeit zu bestimmen, den wenigsten ist dies gelungen. Was soll ma von einem Mann halten, der in larmoyanter Weise politisches Kapital aus dem Tod seine Schwester (Lungenkrebs) zu schlagen versucht, gleichzeitig aber auf der Familienfarm Taba züchtet und im Zuge seiner Wahlkampagne Spenden der Tabakindustrie entgegennimmt? Wen man sich die Mühe gibt, puzzleartig einige Veröffentlichungen in den amerikanische Medien zusammenzustellen und dazu noch einige aufgrund des Freedom of Information Ac freigegebenen Akten des FBI durchblättert, erkennt man die Konturen einer vie zwielichtigeren Persönlichkeit als das öffentlich kolportierte Erscheinungsbild des ac so redlichen Mannes, der sich vor allem für die Umwelt engagiert – so in seine kürzlich neu verlegten Buch "Earth in the Balance", "Erde in Gleichgewicht". Um einiges von diesem Zwielicht zu verstehen, muß man einig Jahrzehnte zurückgreifen.

Die politische Karriere und das finanzielle Wohlergehen der Familie Gore ist en verbunden mit dem Namen Armand Hammer, eine der schillerndsten Persönlichkeiten des 20 Jahrhunderts, Gründer und langjähriger Präsident eines der großen Ölmultis "Occidental Petroleum". Es war Hammer, der Albert Gore, dem ehemalige Dorflehrer in Tennessee, half, zuerst die Wahl zum Abgeordneten ins Repräsentantenhaus dann in den Senat zu gewinnen. Er überhäufte Gore senior mit Geld aus dem Ölgeschäft und der Senator leistete Hammer die erwarteten Gegendienste. In den 60er Jahren, als de damalige FBI-Chef Edgar Hoover die überaus verdächtigen Verbindungen Hammers im Krem untersuchen wollte, verteidigte Gore Senior im Plenum des Senats Hammer leidenschaftlic und mit Erfolg. 1965 verhalf Gore Hammer, zu einem Visum in Libyen, wo er sich als de wichtigste ausländische Ölproduzent etablierte. Hammer, bzw. Occidental, konnte sich de Unterstützung des Senators bei seinen Vorstößen in Rußland, Nigeria, Katar erfreuen.

Als Gore Senior 1970 aus dem Senat ausschied, gab ihm Hammer sofort einen jährlich 50 000 Dollar schweren Job bei einer Tochtergesellschaft von Occidental und einen Sitz in Aufsichtsrat. Schon in den 60er Jahren, als auf der Gore-Farm ein Zinn-Vorkommen entdeck wurde, kaufte Hammer das Grundstück für 160 000 Dollar – doppelt so viel wie da einzige Gegenangebot. Dann verkaufte Hammer das Grundstück zurück an Gore Senior un sicherte ihm ein jährliche Pacht von 20 000 Dollar für die Rechte, das Vorkomme abzubauen. Gore Senior verkaufte das Grundstück an seinen Sohn für 140 000 Dollar, der obwohl er weiter die Schecks von Occidental kassierte, ab 1985 das Land der Union Zin verpachtete.

Bei dem Tod von Gore Senior verfügte er über Occidental-Aktien im Wert von 250 00 bis 500 000 Dollar. Er überließ das Aktienpaket einer Stiftung zugunsten seiner Frau Nachlaßverwalter: Al Gore Junior. 1998 gelang es Vizepräsident Gore – der zusamme mit Präsident Clinton sich immer wieder dafür einsetzte, daß der amerikanische Staa große Flächen erwerbe, um die Naturschutzflächen zu erweitern –, den Verkauf de kalifornischen Feldes Elk Hills an Occidental durchzusetzen. Elk Hills war seit 1912 Tei der strategischen Reserve der US Navy. Darauf schnellte der Wert der Occidental Aktie steil hoch, im Jahr darauf gab der Vizepräsident den Wert des Aktienpakets in Familienbesitz schon mit 500 000 bis 1 Million Dollar an. Präsident Clinton besucht im vergangenen Monat Kolumbien und gewährte dem Land eine milliardenschwere Hilfe. De Hintergrund: seit acht Jahren bemüht sich Occidental um die Erschließung de soge-nannten Samore-Blocks im Dschungel an der Grenze zu Venezuela. Hier wird ei Ölvorkommen von 1,5 bis 2,5 Milliarden Barrel vermutet. Das Ölfeld liegt an der Grenz des U’wa-Stammes, das das Gebiet als heilig betrachtet und sich mit aller Kraft de Erschließung widersetzt. Der Stamm droht mit kollektivem Selbstmord. Al Gore, zusamme mit Energieminister Bill Richardson, unterstützte kräftig aus dem Hintergrund die Erschließungspläne von Occidental – trotz Ökologierethorik.

Al Gore jr. hat, nach dem Exempel seines Vaters, während seiner gesamten Washingtone Karriere, im Repräsentantenhaus wie im Senat Armand Hammer unterstützt – un umgekehrt. Wer aber war dieser Armand Hammer? Sohn des New Yorker Arztes un Mitbegründers der amerikanischen KP, Julius Hammer, studierte Sohn Armand zunächs selbst Medizin. Nach dem Sieg der Kommunisten im russischen Bürgerkrieg eilte der jung Armand mit einer Hilfssendung von Arzneimitteln und medizinischem Gerät in die jung Sowjetrepublik. Er wurde von Lenin empfangen, der ihm empfahl, sich anstelle vo Hilfssendungen mit gemeinsamen Wirtschaftsunternehmen zu befassen, und ihm das Monopo für den Export von Asbest aus der Region Ekatarinenburg erteilte. Damit begann die Geschäftskarriere des Armand Hammer. Er gründete die erste Bleistiftfabrik in de Sowjetunion (noch Jahrzehnte später trugen die sowjetischen Bleistifte seinen Namen) danach importierte er aus der Sowjetunion große Mengen von Eichenholz für die Fässerfabrikation usw. Er erwarb Partien der Romanov-Juwelen für einen Bruchteil ihre Wertes und wurde zu einem der größten zeitgenössischen Kunstsammler. Hammer behiel seine Kontakte auf hoher und höchster Ebene im Kreml bis zu seinem Tod 1990 und schaltet sich als "ehrlicher Makler" unzählige Male in die amerikanisch-sowjetische Auseinandersetzungen ein. Wie schon gesagt, geriet er in den Verdacht, über sein Geschäftsinteressen in der Sowjetunion hinaus dem Sowjetstaat zu dienen. Das FB ermittelte, Armand Hammer aber war viel zu einflußreich – und vorsichtig! –, u belangt zu werden. Die erheblichen Summen, die von Occidental in die Wahlkassen beide großen Parteien flossen, sicherten ihm den Zugang zu allen hohen Regierungsstellen, bi ins Weiße Haus. Und Occidental stieg in die Reihen der größten Ölmultis der Welt auf Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion öffneten sich – mindesten zum Teil – auch die KGB-Archive. Und die Vermutung aus vergangenen Jahrzehnten erhärteten sic – Armand Hammer war viel mehr als ein amerikanischer Geschäftspartner der Sowjets Und er war viel mehr als ein Spion: er war der wichtigste Einflußagent der Sowjets in de Vereinigten Staaten.

Unverständlich für den ausländischen Beobachter bleibt die Grundfrage: wie war e möglich, daß angesichts der Rolle, die Armand Hammer im Aufstieg der Familie Gor gespielt hatte, und des Einflusses, den der schillernde Ölmagnat auch auf Gore Junio ausgeübt hat, das amerikanische Establishment während acht Jahren das Schicksal de amerikanisch-russischen Beziehungen weitgehend von dem Protegé eines Armand Hammer bestimmen ließ – und nun womöglich sogar das Schicksal der USA in dessen Händ legt.

 
     
     
 
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