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Die Politik hinter der Politik

 
     
 
Bücher über die Arbeit der Nachrichtendienste haben seit jeher Konjunktur. Der Reiz, den derartige Enthüllungen ausüben, liegt klar auf de Hand. Die jeweiligen Autoren gewähren einen mehr oder weniger seriös recherchierte Blick hinter die Kulissen. Auf dem deutschen Buchmarkt waren es in letzter Zeit vor alle drei Autoren, die für Aufsehen sorgten. Zum einen der Australier David Yallop, der in seinem Buch über die "Verschwörung der Lügner" (1993) seine Recherche
n übe den Top-Terroristen "Carlos" darstellt und zu überraschenden Ergebnissen kommt Dann der Redakteur der "Frankfurter Allgemeinen", Udo Ulfkotte, mit seinem Buc "Verschlußsache BND" (1997) und schließlich die Bücher von Eric Schmidt-Eenbohm, gegen dessen "Enthüllungen" freilich von Sachkennern de Vorwurf erhoben wird, Tatsachen verfälscht zu haben.

Zu diesen Autoren hat sich jetzt mit dem ehemaligen Forschungsminister (1980-1982) un jetzigen Rechtsanwalt Andreas von Bülow ein weiterer Autor gesellt. Sein Buch "I Namen des Staates" widmet sich insbesondere den "kriminelle Machenschaften" des Bundesnachrichtendienstes (BND), des amerikanischen Centra Intelligence Service (CIA) sowie des israelischen Geheimdienstes Mossad. Die Idee zu diesem Buch kam von Bülow im Untersuchungsausschuß des Deutschen Bundestages zum Bereic "Kommerzielle Koordinierung" des ehemaligen Obersten der Staatssicherheit Alexander Schalck-Golodkowski. Bülow konnte und wollte laut eigener Angabe nicht glauben daß kriminelle Machenschaften stets nur von Stasi oder KGB ausgegangen sein sollen un BND und CIA nur im Rahmen der Legalität agiert haben. Dieser Zweifel bildete de Ausgangspunkt seiner Recherchen.

Um es gleich vorwegzunehmen: Was Bülow im Zug seiner Untersuchungen zutage geförder hat, ist von sehr unterschiedlicher Qualität. Zu den erhellendsten Passagen des Buche gehören die Ausführungen über die Iran-Contra-Affäre, deren weitreichende Dimensione in hiesigen Kreisen niemals in voller Breite bekannt geworden sind. In diesem Zusammenhan bezieht sich Bülow allerdings vorrangig auf die Enthüllungen des ehemalige Mossad-Mitarbeiters Ari Ben-Menasche, der 1992 ein aufschlußreiches Buch mit dem Tite "Profits of War. Inside the secret U.S.-Israeli Arms Network" vorlegte.

Der Schwerpunkt der Schilderungen Ben-Menasches liegt auf den Waffengeschäften in Zusammenhang mit dem iranisch-irakischen Krieg (1980–1988). Laut Ben-Menasch investierte allein der Iran rund 82 Milliarden Dollar in den Krieg mit dem Irak. Die Fragen, denen er sich in diesem Zusammenhang widmet, lauten: Wer profitierte von diese Krieg, und was geschah mit den Erlösen aus den Waffengeschäften? Nach Ben-Menasche wurd der gewaltige Profit aus den Waffengeschäften in verdeckte Agenturen in Israel und de USA transferiert. In Israel seien die Erlöse im Einvernehmen mit der damalige Regierungspartei Likud durch den Mossad kontrolliert worden. Mit von der Partie sei weite der amerikanische Geheimdienst CIA in Gestalt des stellvertretenden Leiters der CIA Gates, gewesen.

Aus israelischer Sicht war der Waffenhandel mit dem Iran aus mehreren Gründe interessant. Politisch hatte man kein Interesse daran, daß der Irak zu eine dominierenden Regionalmacht heranwächst. Daneben gab es aber noch eine Reihe weitere handfester Gründe: Zum einen wurden mit den Waffengeschäften verdeckt nachrichtendienstliche Operationen finanziert. Weiter behauptet Ben-Menasche, daß ei Teil des Geldes an palästinensische Organisationen weitergeleitet wurde, damit dies Terrorakte begehen konnten.

Diese Terrorakte sollten einen antipalästinensischen Stimmungsumschwung in de "Weltöffentlichkeit" auslösen, der Israel weiter eine intransigente Haltun gegenüber den Forderungen der Palästinenser ermöglichen sollte. Darüber hinaus sei da Geld zur Unterstützung des Likud-Block bzw. für den weiteren Ausbau der umstrittene israelischen Siedlungsprojekte verwendet worden.

Diese "Geschäfte" kamen laut Bülow ans Tageslicht, als de Ministerpräsident des Likud-Blockes, Schamir, durch Shimon Peres (Arbeiterpartei abgelöst wurde. Dieser erkannte schnell, von welchen Summen er durch den mit de Likud-Block verbundenen Mossad abgeschnitten war. Daraufhin beschloß Peres, eine Ar "zweiten Kanal" für die Gelder aus dem Iran zu öffnen. Zu der Verbindung u Peres gehörten auch der amerikanische Sicherheitsbeauftragte McFarlane (der für die Israelis spioniert haben soll) und dessen Mitarbeiter Poindexter und Oliver North Letzterer wurde später zu einer zentralen Figur der Iran-Contra-Affäre.

Insbesondere North versuchte in der Folge, die Likud-Mossad-CIA-Verbindun auszutricksen. Beide Kanäle bekämpften sich in der Folge mit aller Härte. Als Nort schließlich um Mithilfe Israels bei der Belieferung der Contra-Rebellen in Nicaragua bat mit dem das Verbot des amerikanischen Kongresses umgangen werden sollte, lancierte die israelische Seite die gesamte Oliver-North-Story an die Medien und brachte damit die Iran-Contra-Affäre ins Rollen.

Im Zusammenhang mit den Waffengeschäften mit dem Iran spricht von Bülow auch den Fal Uwe Barschel (CDU) an, dessen Ermordung durch die Ausführungen des ehemalige Mitarbeiters des Mossad, Victor Ostrowsky, als wahrscheinlich gelten kann. De Ausführungen Ostrowskys zufolge ist Barschel durch einen BND-Mann in Waffengeschäft eingeweiht worden, die über einen schleswig-holsteinischen Hafen abgewickelt werde sollten. Barschel habe sich jedoch geweigert, diese Waffengeschäfte zu decken. Daraufhi habe der Mossad Pfeifer, unter Hinweis auf mögliche Enthüllungen aus desse Vergangenheit zur Mitarbeit erpreßt. Ziel sei die Abwahl des Ministerpräsidente Barschel durch Zerstörung seines öffentlichen Ansehens und die Wahl Engholms (SPD gewesen, der als "kooperativer" angesehen wurde.

Barschel, der es laut Bülow abgelehnt habe, eine hohe Abfindung für seinen Rückzu aus der Politik anzunehmen, wollte im folgenden vor dem Kieler Untersuchungsausschu auspacken, was die Aufdeckung der ganzen Affäre mit sich gebracht hätte. Daraufhin wurd Barschel mit den bekannten Folgen nach Genf gelockt.

Diese Passagen des Buches lesen sich spannend, weil sie neue Perspektiven eröffnen Aufschlußreich sind auch Bülows Ausführungen über die Verwicklungen der Geheimdienste insbesondere die des CIA in den internationalen Drogenhandel. Während die US-amerikanische Regierung auf der einen Seite den Krieg gegen Drogenhandel und -such verkündet, hält der CIA auf der anderen Seite schützend seine Hand über die Drahtzieher des internationalen Drogenhandels, weil er diese Kriminellen als Waffenschmuggler für bestimmte Rebellengruppen braucht bzw. diesen Rebellengruppen die Drogeneinkünfte zur Finanzierung ihres Kleinkrieges überläßt. Für diese These liefer Bülow eine Reihe von Beispielen, worunter das des ehemaligen Diktators von Panama Noriega, der jahrelang CIA-Mitarbeiter war, ehe er im Zuge des Bekanntwerdens de "Iran-Contra-Affäre" in Ungnade fiel, das bekannteste ist.

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn Bülow seinem eingangs praktizierten Prinzip anhand einige ausgewählter Affären die Machenschaften der Geheimdienste transparent zu machen, treu geblieben wäre. Statt dessen verfällt er im Laufe seines Buches in eine Ar Allerklärungswahn, der von den Verbindungen der Geheimdienste zur organisierte Kriminalität bzw. zum internationalen Terrorismus (Stichworte: "Carlos" un "Abu Nidal") über den (bereits von Yallop zur Genüge abgehandelten) Tod de 33-Tage-Papstes Johannes Paul I. bis zu Machenschaften ehemaliger und neuer Nazis reicht Die Aufblähung des Buches zu einer Art Kompendium krimineller Geheimdienstaktivitäte schadet der Glaubwürdigkeit des Buches sichtlich. Viele Vorgänge werden nur angerisse und bringen in der Substanz nichts Neues, weil sie bereits von anderen Autore umfangreicher abgehandelt wurden.

Das Verdienst des Buches von Bülow liegt darin, bestimmte Prinzipien insbesondere de "verdeckten" amerikanischen und israelischen Außenpolitik deutlich gemacht zu haben. Diese "verdeckte" Außenpolitik spricht eine ganz andere Sprache als die auf Konsens und Ausgleich bedachte "offizielle" Diplomatie. Wenn man so will ist das "Politische", verstanden als Unterscheidung von Freund und Feind, in die "verdeckte" Außenpolitik abgesunken. Während die Öffentlichkeit mit de Begriff "internationale  Völkergemeinschaft" narkotisiert wird, wir hinter den Kulissen weiter knallhart nationale Interessenpolitik betrieben. Stefan Gellner

Andreas von Bülow: Im Namen des Staates. CIA, BND und die kriminellen Machenschafte der Geheimdienste, Piper-Verlag, München 1998, geb. 624 Seiten, 49,80 Mark
 
     
     
 
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