|  | Die Briten haben mal     wieder ihr Lieblingshaßobjekt beim Wickel: Die Deutschen. Premier Blair ist     "stinksauer" und die Inselpresse räumt die untersten Schubladen des     weltbekannten angelsächsischen Schmährepertoires aus. BMW will Rover wieder loswerden,     das schmerzt die Engländer offenbar noch tiefer als seinerzeit die Übernahme des marode  n     britischen Autobauers 1994. 
 Damals vor sechs Jahren bewegten die englischen Medien ganz ähnlich finstere Gefühle     gegen die bösen Deutschen: "Vorsprung durch Hun-Motors" lautete die     Überschrift einer Karikatur im liberalen Londoner "Guardian", auf der ein mit     Panzerketten gerüsteter BMW auf einen britischen Schützengraben zuwalzt. "Hun"      Hunne, ist das übelste englische Schimpfwort gegen die Deutschen, das selbst     während des Luftkriegs gegen die deutsche Zivilbevölkerung hierzulande keine auch nur     annähernde Entsprechung fand.
 
 1994 schwang indes trotz der Hetztiraden auch ein bißchen Stolz mit. Tenor: Wenn ein     so hervorragender Autobauer wie BMW Interesse an einem britischen Fabrikanten hat, kann     Englands Autoindustrie ja doch nicht so rückständig sein, wie alle behaupten.
 
 Gerade deshalb trifft die jüngste Entscheidung aus München besonders heftig.     Abermilliarden haben die Bayern ins Stammwerk Longbridge bei Birmingham gestopft, ohne die     Lücke zum Weltniveau schließen zu können. Beschwerden von Rover-Vertragshändlern     gerade in Deutschland nahmen zum Schluß derart überhand, daß BMW-Chef Milberg die     Notbremse zog.
 
 Die gewaltigen Anstrengungen der Deutschen, um das mittelenglische Industriemuseum auf     Standard zu bringen, sind auf der Insel allerdings flugs vergessen. Es hagelt     Beleidigungen. In für Deutschland bestimmte Roverwagen seien tote Katzen ins Polster     eingenäht worden, antideutsche Haßparolen hätten britische Arbeiter hineingeschmiert      so berichtet der "Sunday Telegraph". Britische Gewerkschafter fordern zum     Boykott von BMW auf, Kino-Nationalheld "007" solle nie wieder einen BMW fahren     dürfen.
 
 Deutsche Beobachter reiben sich verdutzt die Augen: Eben noch riß der     britisch-amerikanische Telekommunikationsgigant Vodafone die deutsche Mannesmann unter     Androhung einer feindlichen Übernahme an sich. Deutsche Einwände wurden mal als     nationalistisch, mal als rückständige Kleinkrämerei in Zeiten der Globalisierung     gegeißelt. Großbritannien sah sich auf der Höhe der Zeit und durchaus dazu aufgerufen,     uns eine Lektion in Sachen kühler Weltmarkt-Kalkulation zu erteilen. Jetzt, da derselbe     Wind über das Inselreich fegt, ist das Gezeter groß. Dabei geht Mannesmann seiner     Zerschlagung entgegen, ohne daß die neuen angelsächsischen Herren auch einen Pfennig     für eine "Sanierung" hingeblättert hätten wie die Deutschen in Longbridge.     Die wären ohnehin überflüssig gewesen, da Mannesmann in Topform ist.
 
 Ganz am Rande: Hieß es nicht, die "Globalisierung" bringe die Völker der     Welt einander näher, diene der Verständigung usw.? Nun ja, näher ans verbale     Schlachtfeld vielleicht mit Verständigungsvokabeln wie "Hunnen" und     "Boykott" aus einer britischen Giftküche, die als Hauptgang tote Katze     serviert.
 
 Elisa Wachtner
 
 
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