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Wer Rumänien auch nur etwas näher kennt, weiß, daß der von Bukarest und Brüssel für 2007 ins Auge gefaßte Beitritt des Landes zur Europäischen Union eine Illusion ist. Zumindest dann, wenn tatsächlich eine weitgehende Anpassung an EU-Standards vorgenommen werden soll.

In der Hauptstadt, in einigen Küstenstreifen am Schwarzen Meer und vor allem in den diesseits der Karpaten gelegenen Gebieten erscheint eine baldige Zugehörigkeit zur Europäischen Union noch vorstellbar, zumal sich das aus k. u. k.-Zeiten stammende mitteleuropäische Kultur- und Wirtschafts
erbe im rumänischen Banat und in Siebenbürgen bis heute in der Mentalität der Bewohner, im regionalen Wirtschaftsleben und sogar im Wahlverhalten niederschlägt.

Doch selbst dort ist ein starkes ökonomisches Gefälle gegenüber dem benachbarten EU-Neumitglied Ungarn feststellbar.

Noch erheblich problematischer dürfte eine EU-Zugehörigkeit der jenseits des Karpatenbogens gelegenen Provinzen Moldau und Walachei sein.

Deren Infrastruktur mutet nach unseren Maßstäben wie die eines Entwicklungslandes an, desgleichen die stark agrarische Prägung und die zahllosen kleinen, arbeitsintensiven Zuliefererbetriebe, die das Rückgrat der Volkswirtschaft bilden. Hinzu kommen das soziale Pulverfaß der in die Millionen gehenden Zigeunerbevölkerung, die Geißel der Korruption und die nach wie vor hohe Inflation (2003 lag diese bei 14,4 Prozent).

Immerhin muß man anerkennen, daß sich die rumänischen Regierungen seit einiger Zeit erfolgreich um einen wirtschaftlichen Aufschwung bemühen. So lag das durchschnittliche Wachstum in den letzten vier Jahren bei stattlichen 4,5 Prozent, und das Haushaltsdefizit dürfte 2004 die vom Maastricht-Vertrag vorgeschriebenen drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts unterschreiten. Als "Billiglohnland" lockt Rumänien überdies immer mehr ausländische Investoren an.

In einer - allerdings höchst problematischen - Beziehung ist Rumänien sogar europäische Spitze: Beginnend ab 1998 hat es sich zum Rekordhalter auf dem Gebiet des Anbaus gentechnisch veränderter Organismen entwickelt. Im Jahr 2003 wurden 70 000 Hektar mit "Gen-Soja" bepflanzt, im Jahr davor waren es noch 40 000.

Allerdings will Bukarest in Sachen Gentechnik auf die Bremse treten. Agrarminister Ilie Sarbu erklärte unlängst gegenüber der Presse, daß es "klarer politischer Wille" sei, den Anbau von Gen-Pflanzen nicht auszuweiten.

Als Ursache für das Umdenken nannte er mangelnde Erfahrungen mit der Gentechnik; ungenannt blieb der mutmaßliche Hauptgrund: die Position Brüssels, das man wegen des eigenen EU-Beitrittswunsches nicht unnötig verärgern will. Schließlich gab es zuletzt Unstimmigkeiten genug. Man denke nur an die lautstarke rumänische Unterstützung für die Irak-Politik der USA oder an die von Washington beeinflußte Haltung zum Internationalen Strafgerichtshof.

Alle in Rumänien derzeit zugelassenen Gen-Pflanzen enthalten ein Antibiotika-Resistenz-Gen, das laut EU-Vorgaben ab 2008 auslaufen soll, weil es die Gefahr berge, daß die Unempfindlichkeit gegen Antibiotika auf Bakterien überspringen könnte. Dadurch würde die Bekämpfung von Infektionskrankheiten wesentlich erschwert.

Allgemein lehrreich können einige schlechte Erfahrungen der rumänischen Bauern mit genmanipulierten Pflanzen sein. Etwa mit dem Anbau von Kartoffeln, denen eine Resistenz gegen bestimmte Käfer verliehen worden war. Dabei zeigte sich, daß die Neuschöpfung aus dem Labor gegen andere Schädlinge und Krankheiten weniger Widerstandskraft offenbarte als die herkömmlichen Sorten, auf die die Bauern schließlich wieder zurückgriffen. Martin Schmidt

 
     
     
 
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