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Karrieren mit Garantieschein

 
     
 
Was die deutsche Öffentlichkeit vermißt, sind zupackende Politiker mit Sachverstand und festen Überzeugungen, für die sie auch dann noch eintreten, wenn es ihnen Nachteile einbringt, ja sie sogar die Karriere kosten könnte. Gerade in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten, die Deutschland seit Jahren durchlebt, erinnern sich die Bürger gern an Persönlichkeiten wie Ludwig Erhard, der als Wirtschafts
minister lieber auf alle politische Macht verzichtet hätte als eine andere Politik zu betreiben als die, welche er für richtig hielt.

Überzeugungstäter wie der legendäre „Vater des Wirtschaftswunders“ haben offenkundig heute keine Chance mehr, politisch nach oben zu kommen. Denn: Dem Land mangelt es zwar kaum an wirtschaftlichem Sachverstand, doch: Er scheitert – das Beispiel des Steuerexperten Paul Kirchhof im CDU-Wahlkampf des Jahres 2005 führte es allen vor Augen – an den Ränken der Parteipolitik.

Politische Karrieren sind in unserer Zeit das Werk gut funktionierender, mächtiger Seilschaften, in die sich der Aspirant erst einfügen muß und von denen sein Glück dann abhängt. Das vornehmstes Merkmal solcher Seilschaften ist ihre Bekenntnislosigkeit.

Die bekanntesten Seilschaften innerhalb von Schwarz-Rot sind der „Andenpakt“ in der Union und die „Netzwerker“ bei der SPD. Als sich die „Netzwerker“ 1999 konstituierten, waren sie noch versucht, den Anschein einer gewissen inhaltlichen Stoßrichtung zu erwecken, um dem Ruch eines reinen Karriereklüngels entgegenzuwirken. Sie gaben sich als die jungen „Pragmatiker“, die der SPD den Weg in die „neue Mitte“ ebnen wollten. Freilich sahen sie sich von Anfang an selbst als die Idealbesetzung für die Führung einer „pragmatisch“ gewendeten Sozialdemokratie.

Prominente Netzwerker sind unter anderem Bundesumweltminister Sigmar Gabriel, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck, SPD-Landeschefs wie Ute Vogt (Baden-Württemberg) und Christoph Matschie (Thüringen) oder SPD-Generalsekretär Hubertus Heil.

Im Zuge der Verwässerung inhaltlicher Linien in der Großen Koalition gerinnt das „Netzwerk“ auch offensichtlich zum reinen Karriere-Klub für gegenseitiges Steigbügelhalten.

Beim 20 Jahre älteren schwarzen Gegenstück, dem schon 1979 gegründeten „Andenpakt“, war dies von Beginn an so, weshalb die „Andinos“ auch weit weniger gern öffentlich über ihr Geflecht reden als die „Netzwerker“. Der Pakt verdankt seinen Namen einer gemeinsamen Reise junger CDU- und Junge-Union-Funktionäre nach Südamerika, wo sich die Nachwuchspolitiker darauf verschworen, nie öffentlich gegeneinander anzutreten und nie den Rücktritt eines Paktgenossen zu fordern.

Mit von der Partie sind die CDU-Ministerpräsidenten Roland Koch (Hessen), Peter Müller (Saarland), Christian Wulff (Niedersachsen), Günther Oettinger (Baden-Württemberg) und Ole von Beust (Hamburg). Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung ist sogar Gründungsmitglied wie der ehemalige Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann, der 1979 Bundesvorsitzender der Jungen Union war. Als Jungs Parlamentarischer Staatssekretär fungiert der Andino Friedbert Pflüger, der sich zu Zeit recht aussichtslos um den Posten des Regierenden Bürgermeisters von Berlin bemüht.

 

Freigeister

Gertrud Höhler – Die richtige Mischung von Verstand und Herz macht für die Unternehmensberaterin einen richtigen Manager aus. Die 1941 geborene Professorin wird für ihre kritischen Äußerungen zur Wirtschaftsethik geachtet, aber nicht geliebt.

 

Ralf Dahrendorf – Der Professor für Soziologie (* 1929) gehörte zu den intellektuellen Stars der FDP-Reform in den frühen 70er Jahren. Doch weder als Landtags- oder Bundestagsabgeordneter noch als Mitglied der Europäischen Kommission konnte der Querdenker etwas in seinem Sinne bewegen. An den Parteistrukturen verzweifelt, zog er sich 1974 in die Wissenschaft zurück. In England fand der für Deutschland zu Unabhängige eine zweite Heimat. 1993 geadelt, sitzt er jetzt im Oberhaus.

 

Max Grundig – Die Traumkarriere des einstigen Elektrogeräteherstellers mit Weltruf begann im Installationsbetrieb Jean Hilpert. Von dem Fleiß seines Lehrlings angetan, übertrug ihm sein Chef schon mit 19 die Leitung einer Filiale. Der 1908 geborene († 1989) Tüftler entwickelte und verkaufte dort Radios. 1930 machte Grundig sich selbständig, baute im Krieg sein Unternehmen aus. Nach dem Krieg fanden seine innovativen Produkte reißenden Absatz. Grundig beschäftigte in den 80er Jahren gut 38000 Mitarbeiter. 1984 verkauft Grundig an Philips. 2003 Insolvenz der Firma.

 

Bill Gates – Er ist der reichste Mann der Welt (50 Milliarden US-Dollar). Der Amerikaner (* 1955) gründete schon als Schüler seine Computerfirma. Sein Unternehmen „Microsoft“ ist weltweit präsent. Gates wird vorgeworfen, seine beherrschende Marktstellung auszunutzen.

 

Joanne K. Rowling – Die englische Kinderbuchautorin weiß, wie es ist, vor dem Nichts zu stehen. Nach der Scheidung von ihrem Mann lebte sie mit ihrer Tochter in einer Ein-Zimmer-Wohnung von Sozialhilfe. Um ihrem Leben Halt zu geben, schrieb sie Geschichten. 1996 findet die 1965 Geborene zufällig einen Verlag, der ihren Roman über den Zauberlehring „Harry Potter“ druckt. „Harry Potter“ wird zum Welterfolg und die Britin zur reichsten Frau der Insel.
 
     
     
 
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