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Lausch und Gängel

 
     
 
Dem physischen Kampf pflegt der Kampf um Information vorauszugehen. Stalin etwa ließ Freund wie Feind abhören, unterdrückte Wahrheiten und verbreitete Lügen. Und heute? Wer es sich leisten kann, handelt genauso – zwei Meldungen der letzten Tage unterstreichen dies: Washington ließ den Generaldirektor der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA), den Ägypter Mohammed El-Baradei, abhören. Und nach einer Entscheidung der französischen Regierung wird das Programm des libanesischen Fernsehsenders Al-Manar nicht mehr über Eutelsat ausgestrahlt. Wie zufällig
paßt beides in die Vorbereitungen eines „Bush-Kriegs“ gegen den Iran: El-Baradei, dessen Vater Präsident der ägyptischen Anwaltskammer war, ist ein überaus korrekter Jurist, der einst auch als preußischer Gerichtspräsident gute Figur gemacht hätte. Dazu kommt, daß er in New York seinen Doktortitel erworben hatte und 1997 – wie kurz davor Uno-Generalsekretär Kofi Annan – just auf Druck der USA in seine Position berufen worden war. Aber er hatte sich schon in der Irak-Frage unbeliebt gemacht, weil die IAEA nicht finden wollte, was es gar nicht gab – und nun wiederholt sich das Spiel mit dem Iran. Und wegen ihrer „Unbotmäßigkeit“ sollen er und Kofi Annan demontiert werden. Al-Manar, nun nicht mehr in Europa, doch weiterhin im Nahen Osten und in Afrika zu empfangen, ist das Sprachrohr der libanesischen Schiiten-Partei Hisbollah („Partei Gottes“). Die unterprivilegierten libanesischen Schiiten waren von der israelischen Invasion 1982 und der langjährigen Besetzung besonders betroffen. Sie werden praktisch ausschließlich vom schiitischen Iran unterstützt, der indirekt auch Al-Manar finanziert. Gegen Al-Manar hatte der Dachverband der Juden in Frankreich CRIF bereits vor Monaten gerichtliche Schritte wegen „Rassismus“ und „Antisemitismus“ angestrengt. Daß die französische Regierung kein Gerichtsverfahren riskieren wollte, sondern politisch gegen Al-Manar entschied, läßt auf einen Kuhhandel schließen. Nebenher soll wohl auch den Franzosen die „laizistische“ Türkei schmackhafter gemacht werden – als strahlender Gegenpol zum „Fundamentalismus“. Schon vor Jahren war übrigens ein kurdischer Satellitenkanal abgedreht worden – als Einstandsgeschenk für den EU-Kandidaten Türkei. Allgemein trachten europäische Regierungen, durch Verbot von Medien und Organisationen der Bevölkerung vorzugaukeln, daß „rassistische“ Propaganda die Gefahr sei, nicht die zügellose Einwanderung. Aber auch die Verbote selbst stellen eine Gefahr für Europa dar, das wie ein Erfüllungshelfer der USA und Israels erscheint – ein Eindruck, der sich unter anderem auf das Verhalten bei Abhör-Affären stützt: Was geschah, als die im EU-Ministerratsgebäude entdeckten „Wanzen“ auf CIA und Mossad wiesen? Großes Schweigen. Und das Abhörsystem Echelon, das US-Konzernen wertvolle Informationen über ihre Konkurrrenten liefert? Sendepause, obwohl der Schaden für Europa (Wirtschaftsspionage) längst den Wert der 1945 aus Deutschland geraubten Patente übersteigt. Und wer wagt es auszusprechen, daß man nicht nur Telefone anzapfen und Satellitenprogramme abdrehen kann? Auch Nachrichtensatelliten und GPS-gestützte Systeme wie Toll Collect können ausgewertet – und „notfalls“ abgewürgt werden.

 
     
     
 
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