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SPD-Migranten für harte Linie

 
     
 
Für einen gläubigen Moslem ist fünfmal täglich Beten Pflicht“, gibt der junge Mann Friedbert Pflüger zu verstehen. Der Spitzenkandidat der Berliner CDU ist zu Gast in der Sehitlik-Moschee am Columbiadamm, nördlich vom Flughafen Tempelhof.

Um diese Moschee hatte es heftigen Streit gegeben. Der Bauherr, eine islamisch
e Gemeinde, hatte die Türme des Hauses zu hoch gebaut: 37 Meter – erheblich mehr als der genehmigte Bauantrag zuließ.

Es kam zu Auseinandersetzungen mit dem Bezirk. Die CDU-Bezirksstadträtin Stefanie Vogelsang verschickte einen Strafbefehl, verhängte einen Baustopp über das Zwei-Millionen-Euro-Projekt.

Alles wartete auf den Ausgang des Verfahrens: Würde die Gemeinde mit ihrem Bruch deutscher Gesetze durchkommen?

Sie kam: Die Türme mußten nicht wieder abgebaut werden. Die Gemeinde mußte lediglich 80000 Euro Strafe zahlen, ein Rückbau wäre erheblich teurer geworden. Seitdem hat sich das Verhältnis zwischen dem Bezirk und der muslimischen Gemeinde entspannt. Brennpunkte wie die Rütlischule lassen Neuköllner Lokalpolitikern wenig Platz für Auseinandersetzung rund um das Baurecht.

Der Führer, der Pflüger die Moschee zeigt, spricht weiter: „Wenn die Sonne wie jetzt Mitte Juli schon um 4.45 Uhr aufgeht, muß das erste Mal bereits mitten in der Nacht gebetet werden. Meistens verneigen sich Muslime dann im Pyjama nach Mekka und gehen wieder ins Bett“, behauptet er. Pflüger gibt sich interessiert: Wie viele Muslime das wirklich machen, will der Kandidat wissen.

Genausogut hätte Pflüger einen Priester fragen können, wie viele Katholiken seiner Gemeinde auf vor- und außerehelichen Geschlechtsverkehr verzichten. Der Moschee-Führer gibt vor, die Antwort nicht genau zu wissen, eiert herum. „Die wenigsten Türken in Berlin sind praktizierende Muslime“, gibt er schließlich kleinlaut zu.

Offene Fragen gibt es viele nach dem Integrationsgipfel der Kanzlerin Ende vergangener Woche. Berlin streitet auch danach weiter über den richtigen Umgang mit den Zuwanderern. Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nannte den Gipfel zwar ein „hoffnungsvolles Zeichen“, faßt sein Resümee jedoch in eher nüchterne Worte: „Die Atmosphäre war nach meinem Eindruck konstruktiv. Alle Beteiligten haben sich ernsthaft und sachlich bemüht, gemeinsam Lösungen zu finden.“ Nach einem Durchbruch klingt das nicht.

Der Hauptstreitpunkt im Vorfeld der Veranstaltung bei Kanzlerin Merkel war die Zusammensetzung der Runde. Das Kanzleramt hat die Liste der Eingeladenen bis zuletzt geheimgehalten. Wer nicht dabei war, kritisierte das ganze als Show-Veranstaltung. So zum Beispiel die islamischen Dachverbände.

Grünen-Chefin Claudia Roth sprach gar von „Gipfel-Mania“. Die Einrichtung der Kommission zur Erarbeitung eines nationalen Aktionsplans dürfte Roth besänftigt haben: Mit einer „Kommissions-Mania“ knüpft die Kanzlerin schließlich nahtlos an die Politik der rot-grünen Vorgängerregierung an.

Ganz anders sieht die Reaktion der SPD aus. Sie geht auf spürbare Distanz zu den Grünen. Dem Ex-Koalitionspartner wird bereits unter der Hand eine „Multilkulti-Träumerei“ vorgeworfen. Damit wollen die Genossen nun nichts mehr zu tun haben.

Im Gegenteil: Zwei Berliner SPD-Vorstandsmitglieder aus Kreuzberg-Friedsrichshain haben ein Radikal-Programm vorgelegt. Der Iraner Ahmad Ohadi (23) und der Türke Soner Ipekcioglu (33) fordern unter anderem eine „Pflicht zur Erlernung der deutschen Sprache unter Androhung von Entzug des Kindergeldes und von Transferleistungen“. Die Androhung reiche meist schon, findet Ohadi. Außerdem sollten Kopftücher an Schulen verboten werden, sagen die beiden.

Soweit wollte Bundesstaatssekretär Pflüger nicht gehen. Er absolvierte statt dessen ein Alternativprogramm zum Gipfel, zu dem auch er nicht eingeladen war. So veranstaltete er einen „Berliner Minigipfel“ und verkündete in einem dazugehörigen Positionspapier die Worthülse „Deutschland ist ein Einwanderungsland“. Und er besuchte auf Drängen der Jungen Union die Neuköllner Sehitlik-Moschee, auch wenn sein Pressesprecher gegenüber derverneinte, daß es sich „um eine Ersatzhandlung“ für die entgangene Einladung zum Gipfel handele.

Mit an Bord ist auch Stefanie Vogelsang, die Baustadträtin. Zur Begrüßung werden Pflüger und Vogelsang von einem verschleierten Mädchen darüber informiert, daß der Moschee-Bau weitergehen soll. „Wenn noch mehr Geld und Spenden kommen, dann wird weitergebaut.“ Und wenn kein Strafbefehl kommt, wirft einer ein. Alle lachen.

Hinterher geht es in die Moschee, wo die 20köpfige Runde an einem Freitagsgebet teilnimmt. Vorher werden Pflüger und seine Freunde (mit T-Shirt-Spruch der Jungen Union: „Pflüger’s Friends“) noch vom Moschee-Führer aufgeklärt, was die Betenden bekunden. Sie werfen alle Last hinter sich. Denn sie wissen: „Allah ist groß. Gott ist größer als alles andere: größer als Fußball, größer als die Partei.“ Friedbert Pflüger verzieht keine Miene, als er diese einfache Botschaft vernimmt.

 „Wenn noch mehr Geld kommt, wird weitergebaut“: CDU-Kandidat Friedbert Pflüger beim Verlassen der Berliner Sehitlik-Moschee
 
     
     
 
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