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Verrat in Berlin

 
     
 
Für mich als Präsident des Opferverbandes und der Menschenrechtsorganisation "Hilferufe von drüben" und als eingeborener Berliner mit Wurzeln in früheren Jahrhunderten, der mit 56 Jahren Berufserfahrung die gesamte Politik der Nachkriegsjahrzehnte begleitet und teilweise mitgestaltet hat, ist das, was sich jetzt in der deutschen Hauptstadt abspielt, mit dem Begriff des Verrats noch milde ausgedrückt. Daß die einst als Partei der Freiheit geltende SPD im vierzigsten Jahr nach dem Mauerbau
, an den mit vielen herausragenden Veranstaltungen erinnert wird, sich mit Hilfe der Kommunisten an die Macht putscht, hätte wohl niemand für möglich gehalten. Gewiß ist zutreffend, daß die jahrzehntelange Verfilzung durch die Große CDU/SPD-Koalition unter der Führung der Diepgen/Landwoski & Co.-Clique die Stadt heruntergewirtschaftet, jedenfalls nicht hauptstadtfähig gemacht hat. Dennoch ist das derzeitige Geschehen nicht zu billigen, da es ausschließlich mit unbändiger Machtgeilheit zu motivieren ist.

"Kommunisten sind rotlackierte Nazis" analysierte der legendäre Wiederbegründer der SPD nach der Hitler-Diktatur, Kurt Schumacher, die Partei Stalins, weil er deren freiheitsfeindlichen Charakter zutreffend erkannt hatte. Er formulierte so auch seine Warnung vor deren Ableger SED, die Deutschland 45 Jahre lang teilte und Tausende von Toten und Hunderttausende von gefolterten politischen Gefangenen zu verantworten hat. Mit dieser Fortsetzungspartei der Mauermörder paktiert die jetzige Berliner SPD – mit wohlwollender Billigung und Unterstützung des SPD-Vorsitzenden und Bundeskanzlers Gerhard Schröder, dessen Geschäftsführer Müntefering den Berliner Linksputsch seit längerem vorbereiten half. Mit überwältigender Mehrheit lehnte die SPD im freien Teil Berlins im April 1946 die Verschmelzung von KPD und SPD zur SED ab. Man kann den geschichtslosen Anführern der heutigen SPD – und dazu gehören Schröder und Müntefering genauso wie ihre Berliner Gefolgsleute – nur die Lektüre der Reden der damaligen SPD-Größen empfehlen, vielleicht erkennen sie dann, daß sie die Tradition ihrer Partei schamlos verraten.

Man komme mir ja nicht mit dem Argument, der Vergleich NS- und SED-Diktatur sei nicht zulässig. Im Abschlußbericht der Enquêtekommission des Deutschen Bundestages zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, Drucksache 12/7820, Seite 282, ist dazu Eindeutiges festgestellt: "... Es wurde Einvernehmen darüber erzielt, daß ein Vergleich beider Diktaturen zulässig ist. Vergleich bedeutet nicht Gleichsetzung; ... Ein differenzierter Umgang mit dem Totalitarismusbegriff zielt folglich nicht auf die Gleichsetzung des Nationalsozialismus mit dem ‚real existierenden Sozialismus’. Vielmehr soll ... ein bestimmter Typus politischer Herrschaft gekennzeichnet werden. Auch die Diktatur der SED entsprach wie die NS-Diktatur einem System, das das Individuum und die Gesellschaft ideologisch, politisch und organisatorisch dem Monopolanspruch einer Partei unterworfen hat. Beide Diktaturen waren Feinde der offenen Gesellschaft und damit der freiheitlichen Demokratie. Beide verletzten systematisch Menschen- und Bürgerrechte, beiden fehlte die Begrenzung der Macht durch Recht und Gesetz ... Offene oder kaum verschleierte Ein-Partei-Herrschaft, der Ausschließlichkeitsanspruch einer institutionalisierten Ideo- logie und die Ablehnung von Pluralismus in Staat und Gesellschaft kennzeichneten beide Systeme. Beide Regime setzten moderne Massen- beeinflussungs- und Massenüberwachungsmittel ein, sie negierten die Meinungs- und Versammlungsfreiheit für politisch Andersdenkende, sie tabuisierten oder verfolgten jede Opposition ..."

Wer dieser klaren Analyse widerspricht oder gar zuwiderhandelt, indem er sich mit der kommunistischen Fortsetzungspartei der SED-Unterdrücker verbündet, muß in Kauf nehmen, als Verräter an der Freiheit bezeichnet zu werden. Der SPD-Geschäftsführer Müntefering muß sich auch als unerträglichen Heuchler bezeichnen lassen, wenn er einerseits fordert, zehn Jahre nach dem Fall der Mauer müßten "die Gräben des Kalten Krieges endlich zugeschüttet", die SEDPDS integriert werden, gleichzeitig aber 50 Jahre nach der Hitlerdiktatur deren Verbrechen den Deutschen immer wieder anlastet. Man kann nicht zum "Bündnis der Anständigen gegen Rechts" aufrufen und gleichzeitig eine strategische Allianz mit Linksextremisten eingehen. Das ist unanständig und unaufrichtig.

Der von der SPD als Regierender Bürgermeister vorgeschlagene Wowereit erklärte gar, zwölf Jahre nach dem Fall der Mauer müsse man bereit sein zu prüfen, "ob bestimmte Tabus in der heutigen Situation noch Bestand" hätten. Wer das jahrzehntelange Unterdrückungsregime als "Tabu" bezeichnet, beweist damit ja alleine schon seine Unfähigkeit, die deutsche Hauptstadt zu regieren, es sei denn, Zynismus werde zum Prinzip des Regierens. Hinzu kommt, daß der Wahl Wowereits mit Hilfe der SEDPDS die demokratische Legitimation fehlt, da die Partei nicht auf dem Boden des Grundgesetzes steht.

Warum eigentlich fällt der Bundesinnenminister Schily seinem Kanzler und dessen Genossen nicht in den Arm und hindert sie an dem Bündnis mit der Fortsetzungspartei der Mauermörder, da er diese doch vom Verfassungsschutz überwachen läßt? Schließlich wird auch er dann mitveranwortlich für einen infamen Wortbruch, denn im Wahlkampf 1999 versprach die SPD-Führung, keine Mehrheit zusammen mit der SEDPDS zu bilden. Eine offenbar total entwurzelte SPD läßt finstere Schatten der Vergangenheit auf die deutsche Hauptstadt fallen.

Jetzt wird die Rechnung präsentiert für das schnelle Vergessenwollen der SED-Haupttäterschaft für mehr als 40 Jahre brutale Unterdrückung der Freiheit durch Stasi-Terror. Die Annahme, die Partei Kurt Schumachers, Ernst Reuters, Wilhelm Kaisens, Herbert Weichmanns und manch anderer freiheitsliebender Sozialdemokraten werde niemals bereit sein, mit den Adepten des Erzfeindes SED gemeinsame Sache zu machen, wird zur Legende. Es muß auch darauf hingewiesen werden, daß sich das makabre Schauspiel des Verrats um den 17. Juni herum abspielt, denn wenn auch dieser Tag des Volksaufstands von 1953 kein Feiertag mehr ist, so muß doch unvergessen bleiben, daß diese Tage im Juni 1953 die erste große Revolte im sowjetischen Machtbereich waren: Ein Volk stand für die Freiheit auf – darin liegt die heute noch gültige internationale Bedeutung dieser Tage, wie der wissenschaftliche Leiter des Forschungsverbundes SED-Staat an der Freien Universität Berlin, Prof. Manfred Wilke, feststellt: Acht Jahre nur nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs zeigten die Deutschen damals der Welt, daß sie in der Lage sind, für Demokratie und Freiheit zu kämpfen. Schröder, Müntefering und ihre Partei zerstören diesen Ruf, laden schwere Schuld auf sich. Sie können auch nicht so tun, als gehöre das Geschehen in Berlin sozusagen zur Normalisierung der politischen Landschaft nach der Wiedervereinigung. Gerade haben hochrangige Repräsentanten der SEDPDS die Maske fallen lassen: Der Mauerbau hat den Frieden gesichert, so die eine Stimme, die andere fordert die Enteignung von Großunternehmen.

"Kommunistische Plattform" und "Marxistisches Forum" sind also nach wie vor in der kommunistischen Partei tonangebend. Und da liegt die Ursache dafür, daß mit einer solchen Gruppierung keine Politik im demokratischen Deutschland gemacht werden darf. Zumal klar ist, daß die SEDPDS nur im Ostteil der Stadt ihre Stärke hat, weil dort die Elite lebt, die die Basis der SED-Diktatur war und weil dort auch die Stasi-Kerntruppe wohnt, die sich noch immer ihrer menschenverachtenden Vergangenheit rühmt.

Zum Schluß noch ein besonders gravierender Aspekt des ganzen Spektakels: Auf die deutsche Hauptstadt blickt auch das Ausland mit Argusaugen. Was hier passiert hat Symbolcharakter. Nicht nur, daß Berlin dringlich Investoren braucht, Kapital und Arbeitsplätze haben oberste Priorität, was jetzt da inszeniert wird, schreckt nicht nur inländische, schreckt vor allem ausländische Investoren ab, zerstört Zukunftschancen der Hauptstadt.

Das Entscheidende aber ist: Jahrzehnte garantierten Amerikaner, Engländer und Franzosen die Freiheit Berlins durch den unermüdlichen Einsatz ihrer Soldaten, die dabei auch ihr eigenes Leben riskierten. Man erinnere sich nur an die Luftbrücke 1948, die 2 1/2 Millionen Deutschen das Leben rettete und die Freiheit sicherte, als dies nur drei Jahre nach Hitler wahrlich nicht selbstverständlich war. Dies schuf damit auch die Existenzgrundlage für die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland.

Für viele Politiker im Ausland ist das Berliner Schauspiel des Bündnisses der SPD mit der Fortsetzungspartei der SED-Mauermörder nicht etwa nur bizarr, es ist makaber und sie werden sich fragen, was die Deutschen eigentlich aus ihrer Geschichte gelernt haben, wenn sie sich jetzt tatsächlich politisch abhängig machen von den Erben der zweiten Diktatur auf deutschem Boden, indem sie den Vorsitzenden der stärksten Partei in Berlin mit den Stimmen der totalitären Kommunisten stürzen. Eine Stadt in Not verdient ein anderes Schicksal.

 
     
     
 
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