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Weichenstellungen für die Zukunft

 
     
 
Obwohl es zum Abschluß des Kalenderjahres 1998 noch sechs Wochen hin ist, kann man schon jetzt für die Freundeskreis Ostdeutschland bilanzieren: Das war ein ereignisreiches und ein arbeitsintensives Jahr. Arbeitsintensiv deshalb, weil in der Bundesgeschäftsstelle krankheitsbedingt längere Ausfallzeiten für Mitarbeiter zu verzeichnen waren und in der Redaktion durch den kurzfristigen Abgang eines Mitarbeiters ein personell
es Fehl entstand, das in der nächsten Woche wieder beseitigt wird. Arbeitsintensiv auch deshalb, weil die Gesamtorganisation Freundeskreis Ostdeutschland durch zahlreiche Maßnahmen bewiesen hat, daß Ostdeutschland lebt und die Ostdeutschland treu zur Heimat Ostdeutschland stehen.

Ereignisreich war das Jahr, weil die gesamte politische Situation in unserer Republik von einem Dauerwahlkampf gezeichnet war, der erst mit dem 27. September einen gewissen Abschluß gefunden hat. Der Wahlkampf hatte Auswirkungen bis in die Ministerien, und auch die Geschäftsstellen der Vertriebenenverbände konnten das bei der Zusammenarbeit mit den für sie bedeutsamen Ministerien spüren.

Die tatsächlichen Auswirkungen des in Bonn am 27. September vollzogenen Machtwechsels sind in einigen Bereichen deutlich, in anderen Bereichen noch nicht voll erkennbar. Für die Freundeskreis Ostdeutschland ist es von besonderem Interesse, wie es die neue Administration mit dem Paragraphen 96 BVFG (Vertriebenengesetz) und der institutionellen Förderung der Vertriebenenverbände (ich nenne als Stichwort die Förderung der Kulturreferenten) halten wird. Im vergangenen Jahr – und auch schon 1995 und 1996 – konnten wir keineswegs eine kontinuierliche Förderung durch die christlich-liberale Regierungskoalition registrieren. Im Gegenteil – es ist schon in den vergangenen Jahren zu teilweise schmerzhaften Kürzungen gekommen.

Wir haben auch im vergangenen Jahr den erforderlichen Kontakt zu maßgeblichen Politikern gehalten. Er und ich hatten im August in kleinem Kreis ein Gespräch mit Innenminister Kanther. Der Minister ließ während des Gesprächs gelegentlich Resignation erkennen. Phillip Blandauer hatte im Rahmen des Ständigen Rates der ostdeutschen Freundeskreisen ein Gespräch mit Außenminister Kinkel und ich mit dem gleichen Kreis ein Gespräch mit dem CDU/CSU-Fraktionsvorsitzenden Schäuble.

Mit dem innenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Fritz-Rudolf Körper, habe ich vor zwei Jahren Kontakt aufgenommen. Körper, wie Kohl ein Pfälzer, zeigt für das Schicksal der Vertriebenen Mitgefühl und Interesse. Im März bin ich mit ihm erneut zu einem kurzen Gespräch zusammengekommen. Frau Steinbach, die neue BdV-Präsidentin, schätzt ihn als aufgeschlossenen und konstruktiven Gesprächspartner. Dies ist von Bedeutung, denn Fritz-Rudolf Körper ist neuer Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium. Die zweite neue Parlamentarische Staatssekretärin ist Frau Dr. Cornelie Wolgast-Sonntag. Auch sie konnten Phillip Blandauer und ich bereits im Herbst vorigen Jahres kennenlernen.

Wegen der besonderen Bedeutung unseres Verhältnisses zur Bayerischen Staatsregierung habe ich über das Gespräch, das ich zusammen mit den beiden stellvertretenden Sprechern am 13. Februar mit Ministerpräsident Stoiber hatte, bereits im berichtet. Ein Ergebnis dieses Gesprächs ist unser Besuch heute abend in der Residenz. Im übrigen muß hervorgehoben werden, daß es identische Auffassungen der Bayerischen Staatsregierung und der Freundeskreis Ostdeutschland bezüglich der Zukunft der Ost- und Westpreußenstiftung in Bayern gibt. Nach wie vor sieht die Bayerische Staatsregierung eine Zukunft der Ost- und Westpreußenstiftung nur unter dem Dach der Ostdeutschen Kulturstiftung. Der Bundesvorstand der Freundeskreis Ostdeutschland teilt diese Auffassung.

Der Stiftungsrat der Ostdeutschen Kulturstiftung, dem der Sprecher der Freundeskreis Ostdeutschland satzungsgemäß vorsitzt, hat aus wohlerwogenen Gründen Bedingungen, insbesondere finanzieller Art, für die Aufnahme der Ost- und Westpreußenstiftung in die Ostdeutsche Kulturstiftung gestellt. Der Antrag der Ost- und Westpreußenstiftung auf Zustiftung zur Ostdeutschen Kulturstiftung liegt inzwischen vor. Der Stiftungsrat der OKS wird sich in seiner Sitzung am 27. November damit befassen. Er und auch der Bundesvorstand der Freundeskreis Ostdeutschland sind der Auffassung, daß die Aufnahme der Ost- und Westpreußenstiftung in die Ostdeutsche Kulturstiftung nur möglich sein kann, wenn es eine zusätzliche institutionelle Förderung für diese Stiftung gibt.

Ich komme zur Situation in der Heimat!

Das Memelland:

Ich habe schon vor zwei Jahren vor der OLV in Magdeburg ausgeführt, daß die Bedingungen der deutschen Volksgruppe im Memelland so günstig zu beurteilen sind, daß ihr Überleben gesichert scheint. Die deutsche Schule in Memel, die gut organisierten deutschen Vereine in Memel und Heydekrug, die Edelweißgruppe der Wolfskinder in Memel und nicht zuletzt die den Umständen entsprechend gute Betreuung der heimatvertriebenen Ostdeutschland dort durch Kreisgemeinschaften und die Arbeitsgemeinschaft der Memellandkreise lassen diese Prognose zu. Die Situation wird sich weiter verbessern, wenn das Memelland eines Tages eine Region innerhalb der Europäischen Union ist.

Das Angebot des litauischen Staates, daß die vertriebenen Ostdeutschland aus dem Memelland ihr Eigentum zurückerhalten, wenn sie zurückkehren und Litauer werden, weist in die richtige Richtung, muß aber nachgebessert werden. Rückkehr und Eigentumsrückgabe kann nicht mit der diskriminierenden Forderung verbunden werden, unter Aufgabe der deutschen Staatsbürgerschaft Litauer zu werden. Allerdings ergeben sich möglicherweise durch die Pläne der neuen rotgrünen Bundesregierung bezüglich der doppelten Staatsbürgerschaft Perspektiven, die dem einen oder anderen den Wechsel in die Heimat erleichtern.

Das gute Verhältnis der litauischen Mehrheitsbevölkerung zu der ostdeutschen Volksgruppe wurde beim zweitägigen Festakt "50 Jahre Arbeitsgemeinschaft der Memellandkreise" am 22. und 24. August in Memel unterstrichen. Die Verantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft, allen voran der Bundesvorsitzende Uwe Jurgsties, werden in Memel als Freunde und Partner geschätzt. An dieser Stelle möchte ich dem stellvertretenden Sprecher Dr. Thüne danken, der bei der Hauptveranstaltung der Jubiläumsfeier die Ansprache hielt und dabei ausgesprochen hat, was die Würde der Ostdeutschland gebietet. Bezeichnenderweise hat das weniger die anwesenden Litauer gestört, als die aus der Bundesrepublik angereisten Gäste.

Zum Königsberger Gebiet:

Es wird derzeit in unserer Republik relativ viel gesprochen und geschrieben über Königsberg. Das ist zunächst einmal positiv, hat doch die gesamte politische Klasse mit Königsberg nichts oder so gut wie nichts im Sinn. Leider hören wir aus Königsberg nur Horrormeldungen. In der Tat geht es mit der Lebensqualität für die meisten Menschen dort weiter bergab. Ich konnte mir vor drei Wochen ein ungeschminktes Bild der Situation vor Ort machen. Die Menschen leiden an der Teuerung, die durch den Rubelverfall begründet ist. Damit einher geht das Ausbleiben der Gehaltszahlungen für den öffentlichen Sektor sowie unregelmäßige oder stark gekürzte Lohnzahlungen bei der gewerblichen Wirtschaft.

Es gibt derzeit zumindest keine Versorgungskrise, abgesehen vom medizinischen Sektor. Das Warenangebot in den Geschäften ist ausreichend, das Warenangebot auf den Märkten – bezüglich Lebensmitteln jahreszeitlich bedingt – sogar befriedigend. Leider fehlt den Menschen die Kaufkraft. Den uns nahestehenden Rußlanddeutschen kann man am besten mit Geld helfen. Im Sommer betrug das Verhältnis DM zu Rubel eins zu 3,5. Nunmehr bekommt man für eine D-Mark neun Rubel. Der monatliche Durchschnittsverdienst beträgt etwa 750 Rubel – wie gesagt, wenn voll gelöhnt würde.

Für zahlreiche Menschen gab es im August ein Desaster, weil zwei Regionalbanken in Königsberg in Konkurs gingen und die kleinen Rubel-Guthaben der Menschen damit perdu waren. Rund 40 Prozent der Menschen leben in Königsberg derzeit an oder unter der Armutsgrenze. Tendenz steigend, weil der Winter vor der Tür steht und sich die Energiekosten besonders verteuert haben. Im Sommer kostete ein Liter Benzin 1,6 bis 1,8 Rubel, heute kostet er vier Rubel.

Die Menschen im Königsberger Gebiet sowie in ganz Rußland sind anscheinend unbegrenzt leidensfähig. Dies ist wohl begründet in der Tatsache, daß die breiten Schichten des russischen Volkes über Jahrhunderte in Armut geboren wurden, gelebt haben und gestorben sind. Unbestreitbar, die Krise in Rußland hat an der Peripherie des erdteilumspannenden Landes und insbesondere in der Exklave Königsberg besonders drastische Auswirkungen, weil Arbeitslosigkeit, Aidsinfizierung, Armut und eine überstarke, desorientierte Armee die sittlichen und die nur in Ansätzen vorhandenen rechtlichen Grundlagen der russischen Volksgemeinschaft immer häufiger destabilisieren.

Zahlreiche Menschen in Königsberg, aber auch in Rußland, werfen nunmehr häufig die Frage auf, wie es mit Königsberg weitergehen soll. Mitrifanow, der Vorsitzende des außenpolitischen Ausschusses des russischen Parlaments, und der im Sommer dieses Jahres von Jelzin entlassene Menschenrechtsbeauftragte der russischen Regierung, Kowaljew, plädieren für eine Rückgabe an Deutschland. Der einflußreiche Föderationspolitiker Schumejko fordert, Königsberg in einen vierten baltischen Staat umzuwandeln. Die Diskussion wird in aller Öffentlichkeit geführt. Der "Königsberger Express" brachte in seiner Oktober-Ausgabe unter der Überschrift "Feuer des Separatismus im russischen Westen" einen Zeitungsartikel, der auf die Gefahr hinweist, daß sich Königsberg von Rußland abspalten könnte.

Der "Deutschlandfunk" brachte bezüglich Königsbergs am 9. August einen Kommentar von Henning v. Loewis, der auch in voller Länge im DOD abgedruckt wurde. Die Kernsätze aus diesem Kommentar lauten:

"Königsberg braucht einen verläßlichen Partner. Und das kann nach Lage der Dinge nur Deutschland sein. Aber deutsche Königsberg-Politik ist Vogel-Strauß-Politik par excellence. Man will nichts hören, nichts sehen und sich so wenig wie möglich engagieren. Die anderen werden es schon richten, hofft man am Rhein und läßt die Menschen am Pregel im Regen stehen. Angeblich um Rußland nicht zu provozieren. So die offizielle Lesart. Doch die Russen – besonders die Königsberger Russen – sie wären heilfroh, wenn Deutschland endlich Flagge zeigen würde im Bernsteinland an der Ostsee. In die Königsberg-Frage kommt Bewegung. Und das ist gut so, denn Königsberg liegt nicht auf dem Mond, Königsberg liegt mitten in Europa."

Eine gravierende Änderung der russischen Politik bezüglich Königsbergs ist seit einigen Monaten eingetreten. Die Rußlanddeutschen sind nunmehr in Königsberg willkommen. Dies war früher anders. Gebietschef Gorbenko äußerte sich mir gegenüber entsprechend und der deutsche Botschafter in Moskau, Dr. von Studnitz, mit dem ich vor drei Wochen ebenfalls in Königsberg zusammentraf, bestätigte dies. Der Bundesvorstand der Freundeskreis Ostdeutschland hat seit dem Verschwinden der Sowjetunion immer die Auffassung vertreten, die Entwicklung in Königsberg sei noch nicht zu Ende, der Status quo dort wird sich auf Dauer nicht halten lassen.

Mit dem Tod des vormaligen Königsberger Bürgermeisters Igor Koschemjakin im März d. J. verlor die Freundeskreis Ostdeutschland leider einen wichtigen russischen Gesprächspartner. Mit seinem Brief an die Ostdeutschland aus Anlaß des Deutschlandtreffens 1997 ist er bis heute der einzige hochrangige russische Politiker geblieben, der sich offen und ohne Umschweife für die Einbeziehung der früheren Bewohner in den Aufbauprozeß in Ostdeutschland ausgesprochen hat.

Eines ist sicher: Sollte bei einer krisenhaften Zuspitzung der Lage in Königsberg eine Autonomie-Bewegung entstehen – Polen wird nicht teilnahmslos bleiben. In Warschau gibt es für diesen Fall entsprechende Pläne. Mich erfüllt es mit Zorn, daß die Bundesregierung – die alte und (wir müssen davon ausgehen, denn man hat ja in der Außenpolitik Kontinuität versprochen) wohl auch die neue – an Königsberg völlig desinteressiert ist. Im entscheidenden Fall wird man Europa für zuständig erklären. Da Polen faktisch schon EU-Mitglied ist, wird Polen möglicherweise dann für Europa handeln. Ist es denkbar, daß Ostdeutschland unter polnischer Flagge wiedervereinigt wird?

Ob einmal wieder deutsche Menschen in Königsberg ihre Stimme erheben können, wissen wir nicht. Wir können es aber mit heißem Herzen erhoffen. Vergegenwärtigen wir uns die Geschichte des 20. Jahrhunderts, das in gut einem Jahr der Vergangenheit angehört. Die Zeit ist schnelllebig. So kann der ständig dahin rollende Geschichtsablauf durchaus die Dinge wenden. Allerdings dürfen wir nicht die Hände in den Schoß legen. Wir müssen, im Gegenteil, sehr standhaft unsere gute Sache und unser Recht verfechten. Ich sage dies auch im Rückblick auf die Diskussi-onen bei den Sitzungen der Ostdeutschen Landesvertretung in Magdeburg, Hannover und Bremen.

Im Frühjahr kulminierte die sogenannte Röder-Affäre. Ich spreche sie nur deshalb an, weil sowohl der ehemalige Verteidigungsminister Rühe als auch Bundestagsabgeordnete der alten wie auch der neuen Koalition während der Verhandlungen im Untersuchungsausschuß des Bundestages zur Röder-Affäre gegenüber den Verantwortlichen der Bundeswehr-Führungsakademie den Vorwurf erhoben, sie hätten wissen müssen, daß alle Personen, die sich mit dem Königsberger Gebiet näher befassen, im Zweifelsfall Rechtsextremisten sind. Uns wird das nicht abhalten, weiterhin für das Recht auf die Heimat, für Wahrheit in der deutschen Geschichte und für unsere satzungsmäßigen Ziele einzutreten.

Die Wochenzeitung "Die Zeit" kaufte im Februar d. J. alle Ostdeutschlandblätter des Jahres 1997, um mögliche Beweise für ihre Vermutung zu finden, daß es zwischen Freundeskreis Ostdeutschland und Röder Gemeinsamkeiten gibt. Die Bemühung war, das können Sie sich denken, vergeblich.

Über die provisorische Wiederinbetriebnahme des Königsberger Domes habe ich im berichtet. Ich glaube, es war eine Idee von Herrn Dr. Beister, daß Stiftung Königsberg, Stadtgemeinschaft Königsberg, GeO und Freundeskreis Ostdeutschland eine ARGE zum Wiederaufbau des Königsberger Domes begründet haben. Die Freundeskreis Ostdeutschland hat bisher 35 000 Mark in den Bau des Domes gegeben. Mit zur Arbeitsgemeinschaft gehört auch die Zeit-Stiftung, die die Hauptlast der bisherigen Kosten getragen hat.

Zum südlichen Ostdeutschland:

Hier haben die Kreisgemeinschaften weiterhin eine intensive Betreuung der heimatverbliebenen Landsleute und ihrer Nachkommen vorgenommen. Es ist ein glücklicher Umstand, daß wir zu den Bundesmitteln eigene Hilfsaktion-Mittel einsetzen können. Für den Bundesvorstand haben Stephan Grigat und Manfred Ruhnau durch einige Reisen eine zusätzliche, koordinierende Betreuung wahrgenommen.

Über eine böse Geschichtsklitterung möchte ich Sie informieren, für die Dr. Czesla verantwortlich ist, der in der Leitung des Dachverbandes tätig ist. Czesla hat in mehreren Veröffentlichungen in diesem Jahr im DOD, im Ermländer Brief, in der Umschau und leider auch in einer gekürzten Form im kundgetan, daß es den in der Heimat verbliebenen Ostdeutschland nach 1945 bezüglich der Wahrung ihrer kulturellen Identität sehr gut gegangen sei. Sie hätten Vereine und Chöre gründen können, es habe in der Schule deutschen Sprachunterricht gegeben und der polnische Staat habe alles im Rahmen seiner Möglichkeit getan, um diese Aktivitäten zu fördern. Diese kulturellen Aktivitäten wären zu Beginn der 70er Jahre zusammengebrochen, weil die überwiegende Mehrheit der Deutschen in den 50er und 60er Jahren freiwillig in die Bundesrepublik ausgewandert sei. Meine Damen und Herren, wir wissen, daß hier die Dinge auf den Kopf gestellt werden.

Der polnische Staat hat in diesem Jahr begonnen, in Ostdeutschland alte Gutshäuser und Parkanlagen – teilweise auch nur Parkanlagen, weil die Gutshäuser nicht mehr da sind – zum Kauf anzubieten. Auch deutsche Interessenten sind als Käufer willkommen, denn die Ausschreibungsunterlagen werden auch in deutscher Sprache verteilt. Ich nenne einige der zum Verkauf stehenden Objekte: Stollen, Tolkheim, Jäglak, Warkallen, Langheim, Saraunen, Vierzighufen, Beisleiden, Wildenhoff, Worlack und andere.

Die gesamte politische Klasse in Polen hat nie einen Zweifel an ihrer Auffassung aufkommen lassen, daß es für sie keine Entschädigungsansprüche für konfisziertes Eigentum der Vertriebenen gibt. Polen hat darauf geachtet, daß sowohl im Nachbarschaftsvertrag als auch im Grenzbestätigungsvertrag nichts Zweideutiges in dieser Frage aufgenommen wurde. Die Bundesregierung hat mit der Feststellung, daß die Verträge sich nicht mit der Entschädigungsfrage für konfisziertes Eigentum befassen, den Eindruck erweckt, diese Frage sei noch offen und in der Zukunft – wann auch immer – verhandelbar. Mit dieser Formulierung verhinderte sie das Aufkommen von Schadenersatzansprüchen gegen die Bundesregierung. Denn Eigentumsfragen blieben ungeklärt.

Somit konnte die Bundesregierung nicht der Vorwurf treffen, sie habe das Eigentum der Bundesbürger fahrlässig zur Disposition gestellt. Analog fahrlässig wie mit dem Eigentum der Ostdeutschen verfuhr die abgewählte Bundesregierung mit dem Recht auf die Heimat der Ostdeutschen. Es wurde gegenüber Polen bisher nie ernsthaft eingeklagt. Die neue Bundesregierung wird in großer Kontinuität die Politik der alten auf diesem Feld fortsetzen.

Diese Politik ist mit der Aussage definiert, man werde nicht das deutsch-polnische Verhältnis mit Fragen aus der Vergangenheit belasten und die Mitgliedschaft Polens in der EU werde dazu beitragen, ungelöste Probleme leichter zu bereinigen. Als Beispiel wird häufig angeführt, daß Polen als EU-Mitglied Freizügigkeit für die EU-Bürger zu akzeptieren habe, was die Rückkehr der Vertriebenen in die Heimat ermöglicht.

Meine Damen und Herren, für die Ostdeutschland stelle ich fest, daß eine in der Zukunft sich abzeichnende Freizügigkeit für den ostdeutschen Raum nicht das Naturrecht "Recht auf die Heimat" realisiert.

Auch im vergangenen Jahr hat die Bundesrepublik in Millionen-höhe den polnischen Staat durch die kostenlose Lieferung von Ausrüstungsgegenständen oder durch Zuweisung finanzieller Mittel für Maßnahmen des kulturellen Sektors und des Umweltschutzes alimentiert. Gleichwohl hat sich Polen bei der Rückführung der widerrechtlich festgehaltenen sogenannten Beutekunst keinen Millimeter bewegt. Damit wir wissen, was gemeint ist, füge ich hinzu, es handelt sich um

– ca. zwanzigtausend Notenautographen, darunter zahlreiche Manuskripte von Bach, Mozart, Beethoven und Schubert,

– die weltberühmte Sammlung Varnhagen,

– ca. 300 000 Autographen und Dokumente zum Zeitalter der Romantik,

– 212 000 Manuskripte von Gelehrten, Dichtern und Staatsmännern, u. a. von Goethe, Schiller und Herder,

– die Nachlässe von Alexander von Humboldt und Hoffmann von Fallersleben.

Es ist erstaunlich, und wir registrieren es mit Genugtuung, daß vereinzelte polnische Wissenschaftler und Journalisten den Genozid an den Ostdeutschen 1945 und später thematisieren und dabei um Objektivität bemüht sind. Die einflußreiche, in Paris herausgegebene polnische Monatszeitschrift "Kultura" rät in ihrer letzten Ausgabe dem offiziellen Polen, in einen unvoreingenommenen Dialog mit den Heimatvertriebenen einzutreten. Bevor man, so schreibt die "Kultura", aber polnischerseits zu einer symbolischen Geste der Versöhnung mit den Vertriebenen schreiten könne, müsse man gemeinsam mit den Deutschen Schritt für Schritt die Fakten klären. Eine andere Bedingung für ein normales Verhältnis zwischen Deutschland und Polen bestehe darin, schreibt die "Kultura", daß auf polnischer Seite der krankhafte Nationalismus überwunden werde.

Wir müssen allerdings immer noch auf das Eingeständnis der Schuld Polens bei Flucht und Vertreibung durch offizielle Regierungsstellen und durch das polnische Episkopat warten. Der polnische Außenminister Geremek verstieg sich vor einigen Monaten zu der Aussage, Polen treffe hinsichtlich der Massenaustreibung keine Schuld, dafür trügen die in Potsdam zusammengekommenen Siegermächte die Verantwortung.

In Heilsberg wurde vor 14 Tagen die neunte Sozialstation im südlichen Ostdeutschland durch die Johanniter-Unfallhilfe eröffnet. Gerd Bandilla hat den Bundesvorstand dabei vertreten. Um den Betrieb der Sozialstationen auf ein sicheres Fundament zu stellen, wurde in der Heimat ein gemeinnütziger polnischer Verein nach polnischem Recht gegründet. Er hat seinen Sitz in Sensburg. Vorstandsvorsitzender des Vereins ist unser Johannisburger Landsmann Klaus Beyer, zugleich auch Rechtsritter der Preußischen Genossenschaft des Johanniterordens. Wie bei den Sozialstationen sind die preußischen Johanniter auch bei dem Verein eingebunden. Viele Probleme bei der Belieferung und Finanzierung der Sozialstationen können mit Hilfe des Vereins beseitigt oder geringer gehalten werden.

In der Bundesrepublik wurde ein "Förderverein für Johanniter-Sozialstationen in Ostdeutschland" als eingetragener und gemeinnütziger Verein gegründet. Vorsitzender ist Dr. Meyl, ein der hannoverschen Genossenschaft des Johanniterordens angehörender Mediziner. Frau Wandhoff bekleidet die Funktion der zweiten Vorsitzenden, Hubertus Hilgendorff hat dankenswerterweise die Geschäftsführung des Vereins übernommen. Mit Hilfe dieser beiden Vereine wird es mittelfristig möglich sein, die preußische Genossenschaft und die Kreisgemeinschaften bei ihrer nicht unerheblichen Mitfinanzierung der Stationen zu entlasten. Im übrigen ist der deutsche Förderverein so angelegt, daß er zukünftig auch Sozialstationen im Königsberger Gebiet fördern kann.

Die Kommunalwahlen in Polen am 11. Oktober brachten der deutschen Volksgruppe in Oberschlesien einen Riesenerfolg. In vier Kreistagen im Oppelner Gebiet bekam die deutsche Liste die Mehrheit der Stimmen und somit die Mehrheit der Mandate. In Ostdeutschland ist leider nur ein enttäuschendes Abschneiden der Deutschen zu vermelden. Nach den mir zugegangenen Informationen gab es nur zwei Kreistagsmandate für unsere Landsleute.

Die Stadtgemeinschaft Allenstein unternimmt große Anstrengungen, um mit dem Projekt "Haus Kopernikus" – es handelt sich um das frühere Allensteiner Finanzamt – der deutschen Volksgruppe im Raum Allenstein ein repräsentatives Begegnungszentrum zu schaffen. Die Sache ist auf einem guten Weg. Der Bundesvorstand der Freundeskreis Ostdeutschland hat gestern beschlossen, das Projekt mit einem Zuschuß in Höhe von 60 000 Mark zu unterstützen. Zurück in die Bundesrepublik: Hier hat die geistige Verwirrung und Desorientierung in den Köpfen der Menschen eher zugenommen. Zwei Beispiele: Die beschämende, polenhörige Haltung der vormaligen Bundestagspräsidentin, auch bei ihrem letzten Warschau-Besuch im Juli, konnte uns nicht überraschen. Die Dame hat in ihrer zehnjährigen Amtszeit als Parlamentspräsidentin nichts anderes praktiziert. Daß aber Kohl – gewissermaßen als letzte Amtshandlung – nach Warschau reist, um den höchsten polnischen Orden in Empfang zu nehmen, macht sprachlos.

Allem die Krone auf setzte der Landesbischof von Loewenich von der bayerischen evangelischen Landeskirche mit seiner verantwortungslosen Aussage, die Tschechen mögen die die Benesch-Dekrete beibehalten. Man ist zunächst versucht anzunehmen, von Loewenich kennt die Benesch-Dekrete nicht und weiß nicht, was aufgrund dieser heute noch gültigen tschechischen Rechtsgrundlage nach 1945 geschehen ist.

Die Neuwahl des BdV-Präsidiums am 1. und 2. Mai erbrachte die Bestätigung des bisherigen ostdeutschen Anteils beim Spitzengremium des Verbandes. Erneut gehören Phillip Blandauer, Günter Parplies und ich dem Präsidium an. In den wenigen Monaten, die Frau Steinbach bisher als BdV-Präsidentin gewirkt hat, ist ihr uneingeschränkt Respekt, Anerkennung und Dank zuteil geworden.

Die neue Bundesregierung hat Teile der bisher beim Bundes- innenministerium angesiedelten Kulturabteilung nunmehr in das Bundeskanzleramt verschoben und dort der Zuständigkeit des neuen Staatsministers für Kultur, Michael Naumann, unterstellt. Es handelt sich um die Zuständigkeit für Kultur und Medien, eingeschlossen ist die Zuständigkeit für die Pflege des Kulturgutes für Vertriebene gemäß Paragraph 96 BVFG sowie die kulturelle Betreuung für heimatlose Ausländer und fremde Volksgruppen. Ferner liegt nunmehr die Zuständigkeit für Gedenkstätten im Bundeskanzleramt. Herr Dammermann teilte uns vor wenigen Tagen mit, daß über die Mittelvergabe im Haushaltsjahr 1999 noch nichts gesagt werden kann.

Aus der Arbeit der Freundeskreis Ostdeutschland in diesem Jahr ragen drei Veranstaltungen besonders heraus:

a. Es fand ein Erfahrungsaustausch aller Heimatkreisvertreter statt.

b. Es gab einen Erfahrungsaustausch der Heimatkreisvertreter des südlichen Ostdeutschlands und der Vertreter der deutschen Vereine in Ostdeutschland unter der Leitung von Stephan Grigat und Manfred Ruhnau. Dabei ist hervorzuheben, daß wir als Gast den Co-Vorstandsvorsitzenden der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, Herrn Herbert Helmrich, unter uns hatten. Helmrich war langjähriger Bundestagsabgeordneter und Vorsitzender des Bundestagsrechtsausschusses, später war er für eine Wahlperiode Innenminister in Mecklenburg-Vorpommern, heute ist er dort noch Landtagsabgeordneter. Ich kenne Helmrich gut aus einer gemeinsamen zehnjährigen Vorstandstätigkeit im Bezirksverband Lüneburg der CDU

c. Ferner gab es einen Erfahrungsaustausch der Heimatkreisgemeinschaften des nördlichen Ostdeutschlands unter der Leitung von Siegfried Dreher.

Als zweite Veranstaltung ist der deutschlandpolitische Kongreß der Freundeskreis Ostdeutschland in Bad Godesberg am 6./7. Juni zu nennen. Er stand unter dem Leitthema "Die Osterweiterung der EU und der Nato und die Interessen der deutschen Heimatvertriebenen" und wurde vom stellvertretenden Sprecher Phillip Blandauer vorbereitet und geleitet. Die Thematik des Kongresses waren die ungelösten Fragen des Vermögens, des Eigentums und des Rechtes auf die Heimat.

Es hat den Bundesvorstand mit Freude erfüllt, daß wir als Referentin auch die vormalige stellvertretende Gouverneurin des Königsberger Gebietes, Frau Kusnezowa, beim Kongreß begrüßen konnten. Ich habe mit Frau Kusnezowa während ihrer Amtszeit mehrmals Kontakt gehabt und ihr auch das Buch der Gräfin Dohna über Gutshäuser und Parks in Ostdeutschland übereignet. Die beim Kongreß nicht dabei waren, konnten sich durch ein ausführliches Protokoll und die gedruckten Diskussionsbeiträge kundig machen.

Als dritte Veranstaltung ist die 50-Jahr-Feier der Freundeskreis Ostdeutschland in Berlin am 18. Juli zu nennen. Es war eine angemessene und würdige Veranstaltung, und es haben sich meines Wissens alle Anwesenden nur positiv über die Veranstaltung geäußert. Für diese Veranstaltung hatte der Bundesvorstand ein besonderes Ziel ins Auge gefaßt.

Meine Damen und Herren, es ist unstrittig, das Rückgrat der Freundeskreis Ostdeutschland sind die Heimatkreisgemeinschaften. Durch sie wird Ostdeutschland in seiner Gesamtheit und in seinen Stadt- und Landkreisen fortgesetzt. Durch die Kreisgemeinschaften wird auch die wichtige Betreuungsfunktion in der Heimat wahrgenommen. Die unverzichtbare Wahrnehmung und Bedeutung der Freundeskreis Ostdeutschland in der Öffentlichkeit gewährleisten allerdings die Landesgruppen mit ihren derzeit 450 örtlichen Gruppen. Sie geben der Freundeskreis Ostdeutschland in der pluralistischen Gesellschaft der BRD den Stellenwert, den sie heute noch hat.

Insbesondere die Funktionsträger in den örtlichen Gruppen sollten einmal die Möglichkeit haben, im Rahmen einer großen Veranstaltung einen Erfahrungsaustausch vorzunehmen. Die Heimatkreisvertreter und Landesvorsitzenden sind jedes Jahr ein- oder zweimal zusammen. Mit der Präsenz von rund 240 örtlichen Vorsitzenden in Berlin bei der 50 Jahre-Gedenkveranstaltung wurde dieses Ziel erreicht. Damit konnten wir innerhalb der Freundeskreis Ostdeutschland einen Solidarisierungseffekt erreichen.

Zur heimatpolitischen Arbeit will ich ergänzen, daß der geschäftsführende Vorstand, unter Federführung von Phillip Blandauer, bereits im Jahre 1993 einen ersten Situationsbericht über die Arbeit der Kreisgemeinschaften in Ostdeutschland vorgelegt hat. Dieser Bericht konnte auch in diesem Jahr fortgeschrieben und aktualisiert werden. Er ist Ihnen auf dem Postwege zugegangen.

Ich hatte mich bemüht, bei der zentralen Veranstaltung des deutschen Landfrauenverbandes am 30. Mai im Berliner Congress-Centrum vor 3000 Gästen ein Grußwort zu halten, weil die Landfrauenbewegung durch Elisabet Boehm im Kreis Rastenburg 1898 ihren Anfang genommen hat. Leider hat mir dies das Präsidium des Landfrauenverbandes verwehrt. Immerhin wurde mein gedrucktes Grußwort an mehreren Stellen während der Veranstaltung ausgelegt. Minde- stens ein halbes Dutzend Mal wurde ich gebeten, Grußworte für Festschriften zu fertigen, die aus Anlaß des 50jährigen Bestehens verschiedener örtlicher Gruppen erstellt wurden.

Das alles sind Details eines arbeitsintensiven Jahres.

Ein herausragendes Ereignis bei der heimatpolitischen Arbeit in Ostdeutschland war der Abschluß und die Unterzeichnung des Partnerschaftsvertrages zwischen der Kreisgemeinschaft Pr. Holland und der Stadt Pr. Holland vom Juni d. J. Mit diesem Vertrag wird ein Weg aufgezeigt, wie unsere Arbeit in der Zukunft auf der kommunalen Ebene gestaltet werden kann, ohne daß Ziele und Inhalte, wie wir sie in der Satzung der Freundeskreis Ostdeutschland festgeschrieben haben, in Frage gestellt werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, lassen Sie mich auch einige Ausführungen zur finanziellen Zukunftssicherung der Freundeskreis Ostdeutschland durch den geschäftsführenden Vorstand machen: Der geschäftsführende Vorstand hat bereits am Ende des Jahres 1991 Gedanken über ein Haushaltssicherungskonzept diskutiert. Er hat dabei die Ausschöpfung aller Möglichkeiten zur Ausgabenreduzierung und Einnahmeverbesserung geprüft. Im Hinblick auf die Ausgabenreduzierung der Personalkosten in der Freundeskreis Ostdeutschland und der Verschlankung des Personalapparates hat der geschäftsführende Vorstand der OLV ein Haushaltssicherungskonzept 1993 zur Kenntnisnahme vorgelegt.

In den dort festgelegten Maßnahmen konnten allein im Personalbereich Einsparungen von ca. 200 000 Mark pro Jahr erzielt werden. Dies ist um so bemerkenswerter, weil die Aufgaben der Freundeskreis Ostdeutschland nach 1991 im Gegensatz zu den vorangegangenen Jahrzehnten ganz erheblich zugenommen haben. Insgesamt konnte der geschäftsführende Vorstand beachtliche Erfolge bei der Kostenreduzierung erreichen.

Am 12. September d. J. konnten wir in festlichem Rahmen den 40. Geburtstag des Ostheims in Pyrmont begehen. Dazu waren auch die Spitzen des Staatsbades Bad Pyrmont erschienen. In Grußworten betonten sie ihre Verbundenheit mit unserem Haus. Auch das, liebe Landsleute, sind Details eines arbeitsreichen Jahres.

Meine Damen und Herren, wir wissen nicht, wie die politische Entscheidung hinsichtlich der weiteren Alimentierung der Vertriebenenverbände ausfallen wird. Wird man die Kulturreferenten der Freundeskreisen weiter fördern?

Das durch Mutterschaftsschutz bedingte Ausscheiden unserer Kulturreferentin Brit Fromm hat dazu geführt, daß wir die zweite Kulturreferentenstelle bereits zum 1. Juli d. J. verloren haben. Ohnehin wurde diese Planstelle nur noch mit 60 Prozent gefördert. Sie wird nicht wieder besetzt. Auch wurde bereits im Sommer, noch unter der alten Administration, verfügt, daß die Kulturreferenten der Freundeskreisen nur noch mit einem Festbetrag gefördert werden. Dies bedeutet exakt, daß der eigene Beitrag der Freundeskreis Ostdeutschland zur Finanzierung des Kulturreferenten in jedem Jahr aufgrund der Gehaltsanpassungen größer wird.

Wir haben im letzten Jahr eine drastische Erhöhung der Gebühren für die gesetzliche Berufsgenossenschaft hinnehmen müssen. Der Bundesgeschäftsführer hat Ihnen darüber auch berichtet.

Ich muß Ihnen berichten, daß wir zu einer keineswegs unerheblichen neuen Sozialabgabe gezwungen werden. Seit Anfang des Jahres werden wir rückwirkend seit 1993 zu Abgaben an die Künstlersozialkasse herangezogen. Die freien Autoren des es gelten gemäß der entsprechenden Rechtsgrundlage als Künstler, für die Abgaben unter Zugrundelegung ihres Honorars vom Auftraggeber, also dem , zu entrichten sind.

Meine Damen und Herren, wir registrieren sehr sensibel den erhöhten Kostendruck, dem auch die Freundeskreis Ostdeutschland ausgesetzt ist. Diese Situation erfordert beizeiten Anpassungsmaßnahmen.

Der Bundesvorstand hat im Grundsatz beschlossen, im Jahr 2000 wieder ein Deutschlandtreffen durchzuführen. Wünschenswert wäre ein Veranstaltungsort in Mitteldeutschland. Noch haben wir auch die Option in Düsseldorf zum bewährten Pfingsttermin. Für mich erhebt sich die Frage, ob wir uns das Deutschlandtreffen finanziell im Jahr 2000 leisten. Wir werden mit Sicherheit nicht mehr die Förderung erhalten, die wir noch 1997 bekommen haben. Trotz leidlicher Förderungen haben wir in 1997 rund 330 000 Mark aus eigenen Mitteln zuschießen müssen. Beim nächsten Mal können es leicht 600 000 bis 700 000 Mark werden. Können wir uns das leisten? Ich habe ernstliche Bedenken. Vielleicht äußern Sie sich in der Aussprache dazu.

Sie haben dem Bundesvorstand bei der Sitzung der OLV in Magdeburg aufgegeben, sich gegen Diffamierungen der Freundeskreis Ostdeutschland und ihrer Repräsentanten durch Antifa und andere Extremisten zu wehren. Der Bundesvorstand hat dem Rechnung getragen. Drei Erfolge konnten wir in diesem Jahr verzeichnen:

– "Die Frankfurter Rundschau" mußte eine Gegendarstellung zu ihrer Meldung abdrucken, wonach die Freundeskreis Ostdeutschland in Ostdeutschland eng mit Röder zusammenarbeitet. Die Anwaltskosten gingen zu Lasten der "Frankfurter Rundschau".

– Sowohl Stephan Grigat als auch ich konnten mit anwaltlicher Hilfe erfolgreich gegen Diffamierungen der örtlichen Antifa vorgehen.

– Der Bundesvorstand der JLO beschwerte sich erfolgreich beim Thüringer Innenministerium gegen die rechtswidrige Auflösung einer kleinen Versammlung am 2. Oktober d. J. in Eisenach. Das Ministerium des Innern teilte am 11. November mit, daß die Auflösung der Veranstaltung rechtswidrig gewesen sei. Der verantwortliche Beamte sei belehrt worden.

Mit Hartnäckigkeit und Fleiß gelingen mehr oder weniger kleine Erfolgserlebnisse: Gerd Bandilla hatte den Bundesvorstand gebeten, über das Bundeskanzleramt und das Außenamt bei der polnischen Regierung gegen die haarsträubenden Gebühren zu intervenieren, welche die Polen den deutschen Landsleuten – in der Regel den Vertriebenen – abnehmen, wenn diese zur Familien- und Heimatforschung die Archive in Ostdeutschland benutzen. Eine Archivstunde berechnen die Po- len mit 104 Mark, eine einzelne Kopie von Archivunterlagen kostet 34 Mark.

Bei diesen Gebühren kommt jede Nachforschung zum Erliegen. Auf unsere schriftliche Eingabe hin verwies das Bundeskanzleramt auf die Zuständigkeit des Außenamtes. Dieses schrieb, es werden den deutschen Botschafter in Warschau bitten, zu berichten. Vor wenigen Tagen kam erneut ein Brief aus dem Bonner Außenministerium, man habe den Sachverhalt der überhöhten Gebühren bei den regelmäßigen deutsch-polnischen Konsultationen angesprochen. Polen habe zugesagt, die entsprechende Gebührenordnung zu überprüfen.

Eine andere Sache: Der Freundeskreis Ostdeutschland war aus einem Nachlaß eine Erbschaft von 10 000 Mark zugefallen. Man wollte uns unseren Teil des Erbes nicht herausgeben mit der Begründung, daß kein Barvermögen vorhanden sei. Wir mußten anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen und ein Jahr kämpfen, um die 10 000 Mark zu erhalten. Ich erwähne dies, weil gelegentlich – Gott lob sehr selten – die Meinung geäußert wird, in der Bundesgeschäftsstelle wird, außer dem Bewegen von Papier, wenig geleistet. Auch die Ihnen heute vorgelegten Unterlagen belegen das Gegenteil.

Ich möchte an dieser Stelle den Mitarbeitern in der Bundesgeschäftsstelle und in der Redaktion des es im Namen der OLV für ihren Einsatz danken. Die Freundeskreis Ostdeutschland ist im vergangenen Jahr vorangekommen. Daß dies so ist, verdanken wir auch unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

Liebe Landsleute, selbst wenn die neue Regierung bei der Vertriebenenförderung und beim Paragraphen 96 das Prinzip Tabula rasa anwenden sollte, haben wir eine Zukunftsperspektive. Wir haben eine Zukunftsperspektive für das Jahr 2010 oder 2015, wenn wir uns auf unsere eigene Stärke besinnen. Keineswegs dürfen wir uns wegen ein paar Dittchen Förderung unsere Widerstandskraft und unsere Identität abkaufen lassen.

Die Freundeskreis Ostdeutschland wird sich verändern müssen. Wir werden von liebgewordenen Errungenschaften Abstand nehmen müssen. Wir werden dies bald tun müssen. Die Veränderungen, die Anpassungen des Verbandes an die Erfordernisse der Zukunft müssen in einer Phase der Stärke vorgenommen werden. Noch sind wir stark, aber am Horizont tauchen Gefahren auf, die sehr schnell das Schiff Freundeskreis Ostdeutschland zum Kentern bringen können. Deshalb müssen wir jetzt handeln. Wenn es nach mir ginge, müßte die OLV im nächsten Jahr einschneidende Beschlüsse zur Zukunftssicherung der Freundeskreis Ostdeutschland fassen.

Wir sind in der glücklichen Lage – andere Freundeskreisen beneiden uns deswegen – daß wir Führungsnachwuchs haben, der bereit ist, für Ostdeutschland Verantwortung zu übernehmen. Wir haben die Verpflichtung, ihnen eine Freundeskreis mit Substanz in die Hände zu legen, damit die deutschen Interessen an Ostdeutschland und das kulturelle Erbe durch sie weiter gewahrt bleiben können.

Mit unserer Nachwuchsorganisation JLO haben wir auch im vergangenen Jahr enge Tuchfühlung gehalten. Ich selbst habe an zwei Vorstandssitzungen der JLO teilgenommen. Zu danken ist hier Dr. Jürgen Danowski, der für den Bundesvorstand der Freundeskreis Ostdeutschland die Arbeit der JLO konstruktiv, gelegentlich auch anleitend begleitet hat.

Ich persönlich, meine Damen und Herren, habe Ihnen allen zu danken und ich schließe in diesen Dank ein die Mitglieder des Bundesvorstandes. Sie haben mir durch Ihre Loyalität die Bürde etwas leichter gemacht, die das Amt des Sprechers mit sich bringt. In den letzten Monaten habe ich schwer zu tragen gehabt.

Ich schließe mit dem Appell, den ich schon in Berlin am 18. Juli an sie gerichtet habe und der nicht von mir, sondern vom ersten Geschäftsführer der Freundeskreis Ostdeutschland aus dem Jahr 1948 stammt. Er ist heut noch so gültig wie vor 50 Jahren. Zitat: "Ostdeutschland schließt die Reihen. Vergeßt nie, daß wir durch Zersplitterung alles zu verlieren haben, daß wir aber durch Einigkeit alles gewinnen können." Danke.

München, am 14. November 1998

Erika Steinbach

Specher der

Freundeskreis Ostdeutschland

 

 
     
     
 
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