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Wolfgang Thierse und die Nazi-Briefe: Bedrückende Exkursion durch die Schatten einer Politiker-Seele

 
     
 
Die Sinfonie "Stalingrad" des französischen Komponisten Lemeland beinhaltet zehn Briefe bald darauf gefallener oder zugrunde gegangener deutscher Soldaten. Bundestagspräsident Thierse (SPD), ein ehemaliger Mitarbeiter des Kulturministeriums der DDR, verunglimpfte die erschütternden Dokumente als "Nazi-Briefe" und verhinderte ihre werkgetreue Verlesung. Was für Politiker, was für Menschen sind dies, die nach 60 Jahren das entsetzliche Schicksal oft nicht einmal 20jähriger Wehrpflichtiger derart kalt verachten? Sie gar posthum zu Verbrechern
stempeln? Wir dokumentieren zwei der verleumdeten Briefe.
von Michaela Weiser

Es mag ja richtig sein, was manche sagen, daß die CDU/CSU, falls sie die Bundestagswahl gewonnen hätte, heute auch nicht anders da stände als die SPD/Grünen-Regierung. Eines aber wäre durch einen Wahlsieg der angeblich Konservativen auf alle Fälle vermieden worden: ein Wolfgang Thierse als Bundestagspräsident.

Jetzt sitzt der 59jährige ehemalige Mitarbeiter des Ministeriums für Kultur der DDR wieder auf dem Stuhl, von dem aus er nicht nur das Hausrecht im Reichstag ausübt, sondern auch die Gesamtheit unserer Volksvertreter repräsentiert. Er nutzt seine herausgehobene Stellung in einer Weise, die von einem Großteil der Bürger als parteilich beurteilt wird. Von der erwarteten Überparteilichkeit keine Spur.

Seite Jahren ist Thierse einer der heftigsten Einheizer des "Kampfes gegen Rechts". Er scheint in seiner DDR-Zeit das einzig noch übriggebliebene Band, das alle Linken eint, den Antifaschismus, so verinnerlicht zu haben, daß er ihn unfähig macht, nach allen Seiten fair und gerecht zu verfahren.

Einen weiteren Beweis für die Einseitigkeit lieferte er zum Volkstrauertag, als er den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge unter Druck setzte, die 10. Sinfonie von Aubert Lemeland "Letzte Briefe aus Stalingrad" in der vom Komponisten vorgesehenen Fassung aufzuführen.

Lemeland, der zu den modernen französischen Komponisten unserer Zeit zählt, hat seine Sinfonie den Toten von Stalingrad auf beiden Seiten der Front zugedacht. In die einzelnen Sätze seines Opus arbeitete Lemeland mehrere Briefe in Stalingrad gefallener deutscher Soldaten ein, die von einer Sprecherin zu rezitieren sind.

Die Sinfonie wurde bereits am 19. November 1998 in Koblenz uraufgeführt. Bei der Einweihung des deutschen Soldatenfriedhofs in Wolgograd, früher Stalingrad, führte das Wolgograder Philharmonische Orchester am 14. Mai 1999 das Werk mit den Brieftexten zum ersten Mal in Rußland auf. Die Zuhörer hatten die russische Übersetzung der deutschen Texte in der Hand. Von herabsetzenden Kommentaren oder politischen Verdächtigungen war nirgendwo die Rede.

Lemeland hatte die Briefe einem bereits in den 50er Jahren im Bertelsmann-Verlag erschienenen schmalen Band "Letzte Briefe aus Stalingrad" entnommen. Das Buch wurde in hoher Auflage verbreitet und ins Französische, Englische, Japanische und Russische übersetzt, ohne daß jemand Anstoß nahm. Im vorigen Jahr wurde die französische Ausgabe neu aufgelegt. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und der Komponist Lemeland konnten davon ausgehen, daß es unproblematisch sein würde, zum 60. Jahrestag der Schlacht am deutschen Volkstrauertag die Sinfonie von einem Musikkorps der Bundeswehr bei der offiziellen Feier im Berliner Reichstag aufführen zu lassen - bis Bundestagspräsident Thierse einschritt.

Unter der knalligen Schlagzeile "Nazi-Texte gefährden Reichstags-Festakt zum Volkstrauertag: Mißklänge im Reichstag" meldete der SPIEGEL, daß die zentrale Veranstaltung zu platzen drohe. "Festredner Thierse will nur dann an der Veranstaltung teilnehmen, ‚wenn keine Nazi-Texte verlesen werden". Damit waren die Briefe der deutschen Gefallenen gemeint. Der SPIEGEL setzte noch eins drauf, indem er vermerkte, daß auch das Spielen des Liedes "Ich hatt einen Kameraden" "ungeschickt" sei, weil anläßlich des Untergangs der 6. Armee dieses Lied im deutschen Rundfunk gespielt worden sei. Als dann der Volksbund dem Druck des Bundestagspräsidenten nachgegeben und die Texte durch andere ersetzt hatte, trat der Spiegel nach mit einer Meldung im Internet, welche die Überschrift trug "Kein brauner Ton stört die Trauer" mit der Erläuterung, nun sei kein "Nazi-Propagandatext" rezitiert worden.

Wie fast immer, wenn jemand beschuldigt wird, "Nazi" zu sein, bleibt auch hier der Verleumder den Beweis schuldig. Nirgends werden die angeblich "braunen" Texte vorgelegt, damit der Bürger sich selbst ein Urteil bilden kann. Es gilt die Devise: "Wer Nazi ist, bestimme ich".

Man holt das Versäumte nach und dokumentiert zwei solcher Briefe von den insgesamt zehn in der Sinfonie vom Komponisten vorgesehenen. Sie unterscheiden sich in nichts von den übrigen acht. So kann der Leser selbst entscheiden, ob Thierses Behauptung, es handele sich um "Nazi-Texte" gerechtfertigt ist.

Im Verlaufe des 1. Satzes "Lento assai" sollte dieser Brief verlesen werden:

"Ich habe Dein Bild noch einmal zur Hand genommen und es lange betrachtet. In meiner Erinnerung steht das gemeinsame Erlebnis an dem schönen Sommerabend des letzten Friedensjahres, als wir durch das Blütental unserem Haus zugingen.

Der Sommerabend ist nicht mehr, und auch nicht das Blütental, und wir sind nicht mehr zusammen. An die Stelle des bunten Teppichs ist ein endloses weißes Feld getreten, es ist kein Sommer mehr, sondern Winter, und es gibt keine Zukunft mehr, wenigstens nicht für mich und damit auch nicht für Dich. Wenn Du diesen Brief erhältst, dann lausche tief in Dich hinein, vielleicht hörst Du dann meine Stimme."

Für den 4. Satz "Allegro ma non troppo" hatte der Komponist u. a. diesen Brief eines Gefallenen vorgesehen.

"Ich habe heute mit Hermann gesprochen. Er liegt ein paar hundert Meter von mir entfernt im Süden der Front. Von seinem Regiment ist nicht viel mehr übrig geblieben. Hermann hatte noch Deinen Brief bekommen, in dem du uns den Tod von Vater und Mutter mitgeteilt hast.

Ich habe noch einmal mit ihm gesprochen, denn ich bin ja der Ältere, und habe auch versucht, ihn zu trösten, obwohl ich selbst am Ende bin. Es ist gut, daß Vater und Mutter nicht mehr erfahren haben, daß wir beide, der Hermann und ich, nicht mehr nach Hause kommen können, es ist so furchtbar schwer, daß auf Deinem ferneren Leben die Last von vier toten Menschen liegt.

Ich wollte Theologe werden und Vater wollte ein Haus haben und Hermann später Springbrunnen bauen. Das ist alles nicht eingetroffen. Du weißt es ja selbst, wie es dort zu Hause aussieht, und wir wissen es ja ganz genau, wie es hier aussieht. Nein, das ist alles nicht eingetroffen, was wir uns in unseren Plänen ausgemalt haben.

Die Eltern liegen unter den Trümmern ihres Hauses und wir, so hart es auch klingen mag, mit ein paar hundert und noch mehr in einer Schlucht im Süden des Kessels.

Bald werden diese Schluchten voller Schnee sein".

Die Briefe gelangten mit dem letzten Flugzeug aus dem Kessel von Stalingrad. Das Propagandaministerium verbot sowohl die Weiterleitung an die Empfänger, als auch die Veröffentlichung.

Die Briefe enthalten keinen einzigen nationalsozialistischen oder rassistischen Unterton. Thierse hat diese Begründung offensichtlich nur vorgeschoben und darauf vertraut, daß niemand die Briefe noch einmal liest. Seine Abneigung hat wohl eine andere Quelle, die viel weiter reicht, als daß er nur nationalsozialistische Anschauungen bekämpft.

Getroffen werden sollen die deutschen Soldaten der Vergangenheit insgesamt. Thierses Versuch ist nicht der erste. Man erinnert sich noch der peinlichen Anti-Wehrmachtsausstellung des Jan Philipp Reemtsma, der versucht hatte, mit falschen Bildern Greueltaten der deutschen Wehrmacht zu "beweisen".

Es gibt, und Thierses Tat ist ein weiterer Beleg dafür, eine Schicht unter jenen Leuten, die uns regieren - sei es in den Regierungsapparaten, sei es in den Redaktionsstuben -, die nicht nur keinerlei Beziehung zum deutschen Volk haben, sondern die diesem Volk sogar mit massivem Mißtrauen, ja, mit Verachtung gegenüberstehen. Der pöbelhafte Teil der Gesinnungsfreunde gibt sich zu erkennen, indem er randalierend unter dem Geschrei: "Nie wieder Deutschland!" oder "Deutschland verrecke!" durch die Straßen zieht. Die intelligenteren nutzen ihre hohen Posten, ohne sich durch solche Parolen zu erkennen zu geben, um die Ablehnung der Deutschen in die politische Tat umzusetzen.

Da war einem Fernsehzuschauer aufgefallen, daß auf einer offiziellen Vormittagsveranstaltung zum Tag der deutschen Einheit Bundesaußenminister Joschka Fischer sowie die Vorsitzende der Grünen und jetzige Bundestagsabgeordnete Claudia Roth die deutsche Nationalhymne nicht mitgesungen hatten. Er schrieb darüber einen Leserbrief an die WELT, der einen anderen Bürger veranlaßte, sowohl Joschka Fischer als auch Claudia Roth brieflich zu fragen, warum sie unsere Nationalhymne nicht mitgesungen haben. Der Außenminister ließ einen wissenschaftlichen Mitarbeiter einen gewundenen Brief schreiben, dem man entnehmen kann, daß der Minister gar nicht bemerkt hatte, daß die Hymne gesungen wurde.

Claudia Roth benahm sich so, wie man es erwartet hatte. Einer, der sich als ihr "Mitarbeiter" bezeichnete und den Namen Ali Mahdjoubi trägt, hatte auf einen gelben Memo-Zettel im Auftrag der Grünen-Vorsitzenden mit der Hand geschmiert: "Auf ihre Frage hin - weil ich die Nationalhymne nie gesungen habe".

Angesichts solcher Zeugnisse fällt es schwer, nicht in den in immer größer werdenden Kreisen der Bevölkerung kursierenden Satz einzustimmen: "Wir haben den Feind im eigenen Land."

"Es ist gut, daß Vater und Mutter nicht mehr erfahren haben, daß wir beide nicht mehr nach Hause kommen können": Deutscher Soldat während einer Gefechtspause im Kessel von Stalingrad
 
     
     
 
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