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Die Bundesvorsitzende der ostdeutschen Frauenkreise, Uta Lüttich, eröffnete die Arbeitstagung der Landesfrauenleiterinnen mit dem Spruch: Wer die Heimat in sich trägt, weiß sich in der Welt geborgen". Ganz besonders herzlich begrüßte sie Werner Müller, die "Mutter der ostdeutschen Familie" und Preußenschildträgerin, die Anfang des Jahres ihren 90. Geburtstag feiern konnte. Sie bereicherte die Tagung mit einer mehrstündigen Lesung aus ihren Werken. So wie sie es sich einst als Trümmerfrau vorgenommen hatte, so räumt sie auch heute noch seelische
Trümmer auf. Sie würzte die Lesung mit Geschichten und Anekdoten aus ihrem reichhaltigen Leben, die eine große Verbundenheit mit der Heimat offenbaren, die tiefe Wurzeln hat. In ihren Gedichten und Geschichten spürten die gebannt lauschenden Zuhörerinnen, daß Herz und Gefühl mitschwingen. Besonders freuten sich die Damen über den Vortrag von einigen Gedichten in ostdeutschem Platt, die sie auswendig rezitierte. Der Satz des Dichters Walter Scheffler "Ich trag meiner Heimat Gesicht" trifft auf sie in ganz besonderem Maße zu.

Uta Lüttich leitete die Arbeitsberichte der Landesfrauenleiterinnen mit Gedanken zu Worten von Johann Gottfried Herder ein: "Wenn wir nicht selbst oder die Gemeinschaft die Kraft zur Erinnerung an unsere Herkunft aufbringen und damit nicht zur Wahrheit unserer Geschichte beitragen, wird es niemand für uns tun." Vor mehr als 60 Jahren, bereits 1944, setzten Flucht und Vertreibungen aus unserer Heimat Ostdeutschland ein, sie dauerten bis 1948, als auch der letzte Deutsche aus dem Königsberger Gebiet vertrieben war. Im südlichen Ostdeutschland, vertrieben die Polen auch noch Anfang der 50er Jahre alle Deutschen, die sich trotz massivem Druck weigerten, die polnische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Als die polnischen Machthaber aber merkten, daß ihnen die Deutschen als Arbeitskräfte fehlten, schließlich hatten sie als Sieger das Land besetzt, wurden die noch verbliebenen Deutschen zwangs-polonisiert.

Heutzutage steht mehr und mehr die Völkerverständigung im Mittelpunkt der aktiven freundschaftlichen Arbeit. Seit der politischen Wende konnten im polnisch verwalteten Teil Ostdeutschlands 23 Deutsche Vereine unter dem Dachverband der Freundeskreis mit insgesamt rund 12000 Mitgliedern gegründet werden. Im Memelland sind es zwei Vereine in Memel und Heydekrug. Den dort lebenden Landsleuten wird von der Freundeskreis Ostdeutschland auch heute noch ideelle und materielle Hilfe zuteil.

Im heutigen Königsberger Gebiet sind die Lebensverhältnisse immer noch sehr schlecht. Die Kreisgemeinschaft Goldap hat eine Paten- Bruderhilfsaktion in Tollmingen, Gawaiten, Pabbeln und Groß-Rominten aufgebaut. Uta Lüttich hat durch Vermittlung der Landesfrauenleiterin Berlin, Marianne Becker, die Patenschaft für eine Frauengruppe in Tollmingen übernommen und unterstützt diese jährlich mit einem bestimmten Betrag. Jeder kleine Betrag ist hilfreich. Weitere Paten oder Spender werden dringend gesucht.

Nach dem Arbeitsbericht der Bundesvorsitzenden, in dem sie einen Überblick gab über die gegenwärtige Situation der Freundeskreis Ostdeutschland mit Gedanken zu neuen Strukturen der Landesgruppen sowie Informationen zum "Zentrum gegen Vertreibungen in Berlin, folgten die Berichte der Landesfrauenleiterinnen, aus denen eine Vielzahl von Aktivitäten sprach. Spontan schloß sich an die Berichte eine Bestandsaufnahme an in der festgestellt wurde, daß 15 Landesfrauenleiterinnen vertreten in 15 Bundesländern rund 3700 Frauen betreuen, die regelmäßig an den monatlichen Veranstaltungen ihrer Frauengruppen teilnehmen. Die ostdeutsche Kultur ist Teil der gesamten deutschen Kultur und unserer Identität. Die deutsche Vergangenheit Ostdeutschlands wird in den Frauengruppen durch Vorträge über Geschichte und Kultur, bedeutende Persönlichkeiten der Geistes- und Kulturwissenschaften, Brauchtum, ostdeutsches Platt und Mundart, ostdeutsches Liedgut und Volkstänze sowie textile Volkskunst vermittelt und weitergegeben. Darüber hinaus wurde über die Bedeutung der Deutschen Vereine in Ostdeutschland diskutiert. Die Erinnerung an die deutsche Vergangenheit Ostdeutschlands stirbt nur dann nicht, wenn sich Kinder, Enkel und Mitbürger in Deutschland und in der Heimat für die Kultur und Geschichte Ostdeutschlands interessieren.

Es folgten anschließend zwei Vorträge die sich mit der Vergangenheit beschäftigten.

Dora Arnold, die Landesfrauenleiterin Sachsens; "Als wir ankamen... Flüchtlinge und Vertriebene in Sachsen 1945-1949." Die offizielle Bezeichnung in der SBZ ("Sowjetisch Besetzte Zone") und in der DDR war "Umsiedler". Von den fast 4,5 Millionen Flüchtlingen und Vertriebenen, die in der sowjetischen Besatzungszone untergebracht werden mußten, nahm Sachsen mehr als eine Million auf. In der Stadt Leipzig betrug ihr Anteil rund 15 Prozent, in Görlitz 38 Prozent. Dies veränderte die Bevölkerungsstruktur nachhaltig. Jeder vierte spätere DDR-Bürger war entweder selbst Flüchtling oder Vertriebener oder deren Nachkomme. Außerdem verschob sich die religiöse Zusammensetzung der Bevölkerung, d. h. in die nahezu rein protestantischen Gebiete der SBZ kamen zahlreiche Katholiken aus dem ostdeutschen Ermland, Schlesien, Ungarn, und aus den Sudetengebieten.

Nach Rückzug der amerikanischen und dem Einmarsch der sowjetischen Truppen Anfang Juli 1945 mußte eine kontinuierliche Versorgung erst mühsam aufgebaut werden. Erst später wurde in der gesamten SBZ ein einheitliches Lebensmittelkartensystem eingeführt.

Zunächst war versucht worden, das Land Sachsen auf Grund seiner Ernährungslage und traditionellen Wohnraumknappheit und den zerstörten Städten von der Ansiedlung von Flüchtlingen auszunehmen. Vom Alliierten Kontrollrat wurde im März 1946 das Gesetz Nr. 18, das sogenannte Wohnraumgesetz", erlassen, aufgrund dessen Zwangseinweisungen in privaten Wohnraum durchgesetzt wurden. Nach den Anordnungen des Alliierten Kontrollrates wurde die allgemeine Arbeitspflicht für Männer zwischen 16 und 60 Jahren und für Frauen zwischen 16 und 45 Jahren eingeführt. Für die Flüchtlinge, die zum großen Teil aus landwirtschaftlich geprägten Regionen kamen, war es schwer in Sachsen, einem Land mit weit entwickelter Industrie, einen beruflichen Neuanfang zu finden.

Besonderes Leid durch Flucht und Vertreibung erfuhren die Kinder. Viele hatten ihre Mütter verloren, die Väter befanden sich meist in Kriegsgefangenschaft oder waren gefallen. Viele Flüchtlingskinder kamen nach monate- oder gar nach jahrelangem Umherirren in irgendeinem Auffanglager an, in Sachsen war es das Kinderlager in Bischofswerda. Nicht nur der Hunger und die Unterbringung in beengten Wohnverhältnissen brachten Probleme mit sich, auch durch den jahrelangen Ausfall des Schulunterrichts waren die Kinder der Flüchtlinge gegenüber den einheimischen Kindern benachteiligt.

Karla Weyland, Landesfrauenleiterin Hessen, "Die Mennoniten in Westpreußen und ihre Köstlichkeiten aus Danzig und Tiegenhof". 1525 wurde in der Schweiz die Bewegung der Taufgesinnten geboren. Sehr schnell griff diese Bewegung über den Rhein nach Norden über. Die Niederlande gehörten zu dieser Zeit durch Erb-ansprüche zu Spanien, die diese Bewegung mit der ganzen Schärfe der spanischen Inquisition bekämpften. Menno Simons, ein Bauernsohn aus Friesland wurde schnell zur führenden Persönlichkeit und seine Anhänger nannten sich nach ihm "Mennoniten". Er predigte unermüdlich die Ablehnung jeglicher Gewalt. Viele Mennoniten verließen ihre Heimat. So kamen auch 1543 die ersten Mennoniten im Danziger Werder an. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts durften sie sich nur mit der Bortenweberei, Färberei und der Branntweinherstellung beschäftigen.

1776 kaufte Peter Stobbe ein kleines Geschäft in Tiegenhof "mit allem, was Hauß und derzelben Freyheit und Brandtwein Gerechtigkeit gehöret". Er braute einen besonderen Branntwein - den Machandel. Schon bald war er bekannt und als die "Getreuen von Elbing" im Jahre 1894 eine Huldigungsfahrt zum Fürsten Bismarck unternahmen, überreichten sie ihm einige Flaschen des hundertjährigen Machandels. "Durchsichtig wie Luft, klar wie des Wassers Fluten. Die Erde gab Wacholderduft, das Feuer edle Gluten!".

1598 erhielt Ambrosien Vermöllen, ebenfalls ein eingewanderter Mennonit, die Erlaubnis, sich in Danzig niederzulassen. Er produzierte im Hause "Lachs" in der Breitgasse "Danziger Güldenwasser". Später kamen noch andere Köstlichkeiten dazu, so der Kurfürst, Krambambuli, Pommerantze und viele andere. Bald erlangten die Erzeugnisse Weltruhm und viele Schriftsteller brachten die Danziger Liköre in die Literatur ein: unter anderem Gotthold Ephraim Lessing, Heinrich v. Kleist, E.T.A. Hoffmann, Theodor Fontane, Gerhart Hauptmann oder Else Faber v. Bockelmann.
 
     
     
 
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