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Auf dem Weg in den antifaschistischen Ideologiestaat

 
     
 
Die Unionsparteien haben das deutsche Schicksal während der Zeit seit dem Zweiten Weltkrieg entscheidend geprägt. Am Beginn stand die strategische Entscheidung der West-Option, des Eintritts der Bundesrepublik in die westlichen Verbundsysteme, die mit dem Namen Konrad Adenauers verbunden bleibt, eine Entscheidung unter dem Druck des Sowjet-Imperiums, das bis zur Mitte Deutschlands und Europas vorgedrungen war, um die aber dennoch innenpolitisch schwer gerungen werden mußte. Ludwig Erhard wurde zum Architekt
en der sozialen Marktwirtschaft und des "Wirtschaftswunders". Helmut Kohl knüpfte an Adenauer an, als er 1983 die sogenannte Nachrüstung gegen die sowjetischen Mittelstreckenraketen durchsetzte und dann 1989 den Zipfel des - nach dem bekannten Bismarckwort - durch die Geschichte gehenden Gottes ergriff, den der Zusammenbruch der Sowjetunion für die Wiedergewinnung der Einheit Deutschlands und Europas bot. Bei allen diesen Weichenstellungen hatte die linke Opposition in Deutschland keine wirklichen Alternativen.

Völlig anders erscheint die Bilanz auf dem Feld der geistigen und ideologischen Auseinandersetzungen. Schon im Herbst der "Spiegelkrise" 1962 befand sich die späte Regierung Adenauers in der Defensive gegen den Machtanspruch der im Verbund mit der Linken operierenden Kommandohöhen der Medien. Seit der Mitte der sechziger Jahre entfaltete sich der Generalangriff gegen den angeblich "verkrusteten" CDU-Staat und seine autoritäre, wenn nicht "faschistoide" Kanzlerdemokratie im Zeichen des "Mehr-Demokratie-Wagens" (wie dann Willy Brandt in seiner Regierungserklärung im Herbst 1969 verkündete).

Über einen Regierungswechsel hinaus wollten die Kräfte der "kritischen Theorie", der Studentenrebellion und der mehrheitlich linken Medien sowie Teile der SPD eine weitgreifende "Gesellschaftsveränderung", die Überwindung der "bürgerlich-kapitalistischen" Demokratie, als die die freiheitlich-pluralistische Demokratie des Grundgesetzes von 1949 stigmatisiert wurde, zugunsten einer sozialistischen, antifaschistisch-demokratischen Ordnung, als deren Modell von nicht wenigen - nach Abzug einiger Schönheitsfehler - die realsozialistisch-kommunistische Ordnung der DDR gesehen wurde.

Als wesentliches Instrument dieser langfristig angelegten Strategie begannen westdeutsche Print- und Fernseh-Magazine mit ihren seitdem stetig wiederkehrenden Kampagnen gegen das Führungspersonal des "CDU-Staates", nicht selten mit gefälschtem Material der Ostberliner Staatssicherheit gefüttert, erwähnt sei nur die infernalische Kampagne gegen den damaligen Bundespräsidenten Heinrich Lübke als "KZ-Baumeister". Die Reihe wurde fortgesetzt gegen Hans Filbinger (1978), Philipp Jenninger (1987) und gegen Steffen Heitmanns Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten 1993, diese bereits als Gegenoffensive gegen die von der vereinigten Linken ungeliebte deutsche Einheit.

Es muß auffallen, daß die Union, deren außen- und wirtschaftspolitische Bilanz sich sehen lassen kann, auf dem Feld der geistig-ideologischen, historisch-politischen Auseinandersetzungen meist unge- schickt, ängstlich und defensiv focht. Selten erkannte sie, daß es bei diesen Kampagnen im Zeichen des "Aufstandes der Anständigen gegen Rechts" darum ging und geht, die Republik unter dem Feldgeschrei "Der Feind steht rechts!" Schritt um Schritt nach links zu kippen, die politischen Koordinaten unseres Landes nach links zu verschieben. Der Wind dieser Kampagnen braucht nur kräftig genug angefacht zu werden, dann kann man darauf wetten, daß die Partei die Ihren über die Klinge springen und ihre treuesten Anhänger - Selb- ständige, Vertriebene, über- zeugte Christen und Patrioten der demokratischen Rechten - im Regen stehen läßt, um den politischen Gegner und den medialen Kommandohöhen gefällig zu sein.

Schätzungen gehen dahin, daß die Unionsparteien auf diese Weise im Lauf der Zeit ein Drittel ihrer Wähler verloren, um dann desto lebhafter um Radikal-Feministinnen, Homosexuelle, linksliberale Intellektuelle e tutti quanti zu werben. Unter Formeln wie "Modernisierung" erweist sich die einstige Partei Konrad Adenauers heute auf vielen Feldern als unsicher und unzuverlässig, man denke etwa an Schicksalsfragen wie die Einwanderungspolitik oder den EU-Beitritt der Türkei.

Kronjuwelen christlich-demokratischer Prinzipien wie die Familienpolitik wurden 30 Jahre lang dem Zeitgeist geopfert und erst jetzt, zu später Stunde, wieder hervorgeholt. Schon in seiner Regierungserklärung 1982 konnte Helmut Kohl die zutreffende Einsicht verkünden, die (damalige) Krise sei nicht nur wirtschaftlicher Natur, sondern im Kern eine politisch-moralische Krise. Sein Programm einer "geistig-moralischen Wende" blieb gleichwohl auf dem Papier und wurde kurzsichtigen innenpolitischen Vorteilen geopfert.

Vor allem mangelt es den Unionsführungen immer wieder an der notwendigen Einsicht in das Wesen der linken Strategie, nämlich hohe moralische Ansprüche ("die Lehren unserer Geschichte", Menschenrechte, Kampf gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus) für den politischen Machtkampf zu instrumentalisieren und so die ganze ethische Zweideutigkeit dieser Kampagnen mit ihrem Mißbrauch moralischer Werte "zu gegenwärtigen Zwecken" (Martin Walser) der Öffentlichkeit zu vermitteln. Günter Rohrmoser hat die Kulturrevolution, die Mitte der sechziger Jahre in Westdeutschland begann, "eine der tiefgreifendsten Veränderungen, die in der deutschen Geschichte überhaupt stattgefunden haben", genannt, die "tiefer in das Selbstverständnis der Deutschen eingegriffen hat, als es vermutlich der nationalsozialistischen Kulturrevolution gelungen ist". Ihr programmatisches, ja visionäres Ziel war eine tiefgreifende "Gesellschaftsveränderung", die das traditionelle Gesellschafts-, Geschichts- und Politikbild durch das der "kritischen Theorie" ablösen und dieses letztlich zu einem neuen "Gesellschaftsvertrag", einer neuen, allgemein verbindlichen Staatsideologie ausgestalten soll.

Unter dem Eindruck des Sieges der "antifaschistischen Kriegskoalition" im Zweiten Weltkrieg gewann dieses amputierte und simplifizierte Bild der Zeitgeschichte zunächst vor allem in Westeuropa, in Frankreich und Italien, breite Geltung. Während es dort aber inzwischen seine Überzeugungskraft verloren hat, hat es unter dem Einfluß der Kulturrevolution in Deutschland heute "die Macht einer Theologie" erlangt, wie der französische Historiker Francois Furet urteilt: Dabei bedürfte es nur eines klaren Blicks auf die Herkunft des Antifaschismus als Strategie und Propaganda des Sowjetkommunismus, um seine totalitären Wesenszüge zu erkennen. Schon hier hat er von Anfang an hohe Menschheitsideale wie Freiheit, Demokratie oder Fortschritt in den Dienst der Verschleierung eines robusten Machteroberungswillens gestellt. In dieser Tradition beanspruchen auch seine heutigen Nachfahren in Deutschland ein historisch-politisches Wächteramt, das die eigene Geschichtsinterpretation, die so- genannte "Vergangenheitsbewältigung", als Aktie im politischen Machtkampf benützt, den Feminismus zur Auflösung von Ehe, Familie und familiärer Kindererziehung instrumentalisiert, die Ein- wanderungs- und Ausländerpolitik gegen den klaren Mehrheitswillen des deutschen Staatsvolkes zur Durchsetzung einer multikulturellen Gesellschaft mißbraucht sowie die künftige Gestaltung Europas als Chance zur Auflösung der historisch gewachsenen Nationalstaaten zu nutzen versucht.

Was wir heute verniedlichend als "Political Correctness" zu bezeichnen uns angewöhnt haben, jedoch besser ein mehr oder weniger stik-kiges sanfttotalitäres Meinungsklima nennen sollten, ist das unübersehbare Resultat der Kulturrevolution und ihrer Methoden der Meinungsbildung durch die großen medialen Kommandohöhen mit dem Ziel eines antifaschistischen Gesinnungsstaates. Schon 1994 hatte Eckart Fuhr in der FAZ in einem Leitartikel ("Systematische Verlogenheit") dieses Klima gekennzeichnet, in dem "unentwegt ideologische Kammerjäger und Gesinnungsgouvernanten Demokratie und Liberalität verteidigen" - ausschließlich gegen "rechts", versteht sich.

"Tatsächlich wirkt hier überall die klassische antifaschistische Methodik in neuen Gewändern fort. Beschimpften zum Beispiel die Kommunisten in den 20er Jahren die Sozialdemokraten als ,Sozialfaschisten mit dem Hinweis, sie seien gefährlicher als die offenen Faschisten, da sie eine, eben die so- zialistische ,Maske trügen, ohne wirkliche Sozialisten zu sein, so rufen die gleichen Quartiere heute dazu auf, den konservativen ,Biedermännern die ,Maske vom Gesicht zu reißen, um sie als ,Rechtsextremisten in Nadelstreifen zu entlarven."

Schon bald nach 1968 hat Hermann Lübbe die Kulturrevolution und ihren gesellschaftsverändernden Anspruch als "Kultur der Gegenaufklärung" charakterisiert, die ihre Herrschaft im Namen von Aufklärung, Vernunft und Toleranz rechtfertigt, dabei jedoch "Zentren politischer Heilsgewißheit, wirklichkeitsüberlegener Besserwisserei, von penetrantem Moralismus und eifernder Intoleranz" etabliert, mit dem Resultat eines "Sieges der Gesinnung über die Urteilskraft." Er hat damit dem bürgerlichen Lager in Deutschland einen Schlüssel zum Verständnis von "Political Correctness", Kulturrevolution und Antifaschismus in die Hand gegeben, den es freilich bis heute kaum zu nutzen versteht. Sicher: Der heutige Antifaschismus der Nachge- borenen hat sich manche der einstigen revolutionären Parolen abgeschminkt und sich ein modernisiertes Vokabular zugelegt: Anstelle von Antifaschismus spricht man heute lieber von Fremdenfeindlichkeit, rechtsextremistischem Rassismus und Antisemitismus. Doch die Zitadelle der Kulturrevolution, das antifaschistische Geschichtsbild mit seinen parteilichen Verbiegungen der Zeitgeschichte, bleibt sakrosankt.

Wer darauf aufmerksam macht, daß die ganze Geschichte des Antifaschismus eng mit dem totalitären Sozialismus/Kommunismus verbunden war und daß heutige neue totalitäre Gefahren nicht nur aus der "braunen" Vergangenheit zu drohen brauchen, sondern auch aus ganz anderen und überraschenden Richtungen, unter entgegengesetzten Ideologemen und Parolen auftauchen können, der erhält rasch den Ketzerhut des "Revisionisten" verpaßt. Und dabei scheut man dann auch nicht eine Sprache, die in nicht wenigen Fällen an das "Wörterbuch des Unmenschen" der NS-Zeit erinnert. Dann wird einer rasch "untragbar", von dessen "unsäglichen" Meinungen man sich "di-stanzieren" müsse, wenn nicht gleich nach dem Paragraphen 130 des Strafgesetzbuchs wegen "Volksverhetzung" gerufen wird: Die Sprache selbst wird zum sensiblen Indikator der Tabus in einer sogenannten aufgeklärten Gesellschaft.

Dann fallen - angeblich im Dienst des fraglos Guten - alle Differenzierungen, insbesondere zwischen "demokratischen Rechten" und "Rechtsextremen", dann wird die Zwei- teilung der Gesellschaft in "die Anständigen" und die anderen, eben "die Rechten", zum Ausdruck moralischer Güte, obwohl sie eher ein moralisches Armutszeugnis ist. Ein Klima des Verdachts und der Verdächtigung breitet sich aus, das bei Lichte betrachtet rasch stalinistische Züge annehmen kann, weil sich hier eine öffentliche "Schweigespirale" entwickelt und ein System öffentlichen Rechtfertigungszwangs, das der Heuchelei Vorschub leistet und einer wahrhaft freien Gesellschaft unwürdig ist. Solch politischer Moralismus trägt seine ethische Verunreinigung in Gestalt des verschleierten Nutzens für bestimmte poli- tische Interessen wie einen Gifttropfen in sich.

Man wird hier an die Jakobinerdiktatur von 1793/94 erinnert, als erstmals seit den Konfessionskriegen wieder eine gesellschaftliche Gruppe und ihre Avantgarde den Monopolanspruch erhob, "selbst das Privatleben, die Seele, den Geist und die Sitten nach einer herrschenden Ideologie zu formen". So hat Karl Loewenstein in seiner "Verfassungslehre" das entscheidende Kriterium des Totalitären formuliert: Und Karl-Dietrich Bracher hat es als totalitär qualifiziert, "komplexe Realitäten auf eine Wahrheit zu reduzieren und zugleich aufzuspalten in gut und böse, richtig oder falsch, Freund oder Feind, mit einem einzigen Erklärungsmuster die Welt bipolar zu erfassen".

Wie die klassischen totalitären Diktaturen des vorigen Jahrhunderts wird auch die Kulturrevolution von einem politischen Messianismus geprägt mit dem Ziel eines "neuen Menschen" in einer völlig neuen Gesellschaft der Emanzipation. Für sie alle war und ist Emanzipation das Schlüsselwort - des Proletariats, der Nation und Rasse, des Individuums und der Gesellschaft. Und für sie alle ist die Zweideutigkeit dieses Emanzipationsevangeliums offensichtlich, da es "zur Legitimation neuer Arten von Herrschaft dient, nämlich derjenigen, der es gelingt, sich als emanzipatorisch zu deklarieren" (Robert Spaemann). Diese grundlegende geschichtliche Einsicht enthält das Arsenal zur offensiven Abwehr des antifaschistischen Ideologiestaats. Es liegt an den Vertretern eines wahrhaft aufgeklärten, denkenden und mutigen Bürgertums, sich seiner zu bedienen.

Antifaschistischer Schutzwall: Während man in der DDR eine Mauer aus Stein und Beton für hilfreich erachtete, errichtete man im Westen eine Mauer in den Köpfen der Menschen. Doch beide Strategien endeten wiederum in einem Extrem, dessen Folgen im Westen erst allmählich sichtbar werden.
 
     
     
 
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