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Reemtsmas rote Würstchen

 
     
 
In der kommenden Woche, genauer: am 4. April 2003 wird zum ersten Mal in Norddeutschland, nämlich im schleswig-holsteinischen Neumünster, die "neue" Antiwehrmachtausstellung des Jan Philipp Reemtsma unter dem alten Titel "Verbrechen der Wehrmacht
" eröffnet. Dafür ist mit etwa 35.000 Euro das städtische Tagungs- und Beherbergungszentrum "Kiek in" umgebaut und, wenn man einem Zeitungsbericht folgt, zu einer Art Festung ausgebaut worden: "Sämtliche Ein- und Ausgänge der Ausstellung werden videoüberwacht. Elektronische wie akustische Signale werden im Ernstfall direkt zur Sicherheitsfirma durchgestellt. Und im Foyer des ‚Kiek in macht für sechs Wochen eine Doppelschicht Dienst."

Nun kann der wißbegierige Zeitgenosse gegen ein Entgelt von fünf Euro die mit unendlich vielen Texten beschrifteten Wände mit den nicht mehr so vielen Bildchen bestaunen und sich überzeugen lassen, daß "sowohl als militärischer Aggressor als auch als Besatzungsorgan die deutsche Wehrmacht eine Fülle unterschiedlicher Kriegsverbrechen im Osten Europas zu verantworten" hat. Das beabsichtigte bekanntlich auch schon die erste Ausstellung, die so schimpflich untergegangen ist, nachdem ausländische Historiker öffentlich zahlreiche Fälschungen nachgewiesen hatten. Hinterher wagte sich dann auch eine Reihe deutscher Geschichtswissenschaftler ans Tageslicht, um zu bestätigen, daß die ganze Reemtsma-Show unseriös bis auf die Knochen war.

Nach der Pleite hatte Reemtsma zunächst als Sündenbock seinen Vordenker Hannes Heer entlassen und sich acht Gutachter engagiert, die ihm und seinen Anschauungen nahestanden, um die angeblichen "Fehler", die in Wahrheit Fälschungen waren, zu korrigieren. Sie hatten den Auftrag, eine Ausstellung zu konzipieren, die nachwies, daß die Wehrmacht eine verbrecherische Organisation war. Wenn man ein aus propagandistischen Gründen vorgegebenes Ziel "beweisen" will, dann ist das unschwer durch gezielte Auswahl von Bildern und Dokumenten möglich, hat jedoch nichts mit sauberer wissenschaftlicher Arbeit zu tun. So täuscht denn auch die neue Ausstellung ihre Besucher. Sie sucht man in erster Linie unter Jugendlichen, die kaum kritikfähig sein dürften angesichts des Geschichtsunterrichts, den sie genossen haben.

Das nun veröffentlichte Begleitprogramm führt eine ganze Reihe von Veranstaltungen auf, mit denen man sich vor allem an Jugendliche wendet. Man strebt offenkundig an, daß Schulklassen geschlossen hineingeführt werden, denn für sie ist ein günstiger Preis von 1,50 Euro pro Schüler vorgesehen, aber nur, wenn sie mit der ganzen Klasse kommen. Jungen Leuten wird die Teilnahme an einem einwöchigen Bildungsurlaub mit den Themen "Faschismus, Holocaust, Verbrechen der Wehrmacht" angeboten, und es gibt so herausragende Aktionen wie jene, die den schönen Titel trägt: "Rote Würstchen statt Brauner Brühe!"

Da werden dann auf der Straße "rote Würstchen" verkauft, um so gegen die "braune Brühe" zu protestieren, womit die eventuell demonstrierenden Kritiker der Ausstellung gemeint sind. Der Ex-Kommunist Ralph Giordano, der gegen die Bundeswehr zu Felde ziehen will unter der Überschrift "Die Traditionslüge - Vom Kriegerkult in der Bundeswehr". Denn "erst die Siege der Wehrmacht ermöglichten Holocaust und Völkermord. Trotzdem werden deren Traditionen in der Bundeswehr gepflegt - bis in die heutige Zeit!" will er erfahren haben.

Und dann taucht auch der unvermeidliche Hannes Heer, der seine Rolle als angeblicher Alleinschuldiger für die mißglückte erste Ausstellung ausreichend gespielt hat, wieder auf. Er hält einen Vortrag über "Die Gegenwart des Vergangenen" und wird ein Gespräch führen nach der Vorführung eines französischen Filmes über ein KZ.

Mit besonderem Interesse dürfte man dem Auftritt von Angelika Beer, der derzeitigen Vorsitzenden der Grünen-Partei, entgegensehen. Sie war eine der Hauptanregerinnen, die Ausstellung nach Neumünster zu holen. Nun soll sie, die sich von einer Pazifistin zur entschiedenen Unterstützerin von Joschka Fischers Doktrin, die Bundeswehr überall in der Welt einzusetzen, gewandelt hat, sich einem Streitgespräch über den "Funktionswechsel der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee zur weltweit agierenden Interventionsarmee" stellen. Da werden ihr ihre linksradikalen Freunde, die die Ausstellung tragen, schon einiges zu erzählen haben. Die sicherlich unterhaltsame Veranstaltung findet am Freitag, dem 11. April, um 19 Uhr im DGB-Gewerkschaftshaus in Neumünster statt.

Und natürlich tritt auch jener Professor Danker auf, dem den Professorentitel zu verleihen sich die Kieler Universität geweigert hat und den dann die SPD-geführte Landesregierung wegen seiner Verdienste um die Vergangenheitsbewältigung mit diesem eindrucksvollen Titel geschmückt hat. Er referiert wieder einmal über Zwangsarbeiter in Schleswig-Holstein. Die Veranstalter geben, wie auch früher schon im Zusammenhang mit der Ausstellung, im Verfassungsschutzbericht aufgeführten Linksextremen Gelegenheit zu öffentlichen Auftritten. So veranstaltet die Gruppe "Autonome Linke Neumünster und Aktion Jugendzentrum" am 23. April eine Diskussion über "die Perspektive der Antifaschistischen Arbeit", zu der eine "Antifaschistische Aktion" eingeladen ist, "um über ihre Erfahrungen im Umgang mit Rechtsradikalen zu berichten", wie das Programmheft mitteilt.

Auch die in jenen Kreisen beliebte VVN/Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, die jahrzehntelang mit reichlichen Mitteln aus der DDR ausgestattet wurde, darf über die heutige Militärtradition räsonieren und dabei gegen die "Gebirgsjäger, eine Elitetruppe Hitlers", wie angekündigt wird, vom Leder ziehen. Gespannt darf man sein auf zwei Veranstaltungen über Vergewaltigungen. Zwar wird die verdienstvolle Filmemacherin Helge Sander zitiert mit ihrem Film "Befreier und Befreite", der die Leiden deutscher Frauen zeigt, doch kann man sicher sein, daß die Reemtsma-Deutschen in Neumünster die Aussage verdrehen und die Soldaten der Wehrmacht beschuldigen werden.

Es gibt eigentlich nur eine wirklich spannende Veranstaltung - alles andere ist das aus Tausenden von Antifa-Aktionen bekannte Empörungsgeschrei.

Wirklich aufregend könnte hingegen das Auftreten des eingeladenen Jörg Friedrich werden, jenes Historikers und Publizisten, der durch sein Buch "Der Brand" das Kriegsverbrechen der West-Alliierten an der deutschen Zivilbevölkerung durch den Bombenkrieg ins allgemeine Bewußtsein gehoben hat. Er soll am Montag, dem 5. Mai, um 20 Uhr im DGB-Gewerkschaftshaus, Carlstraße 7, über "Die Gegenwart des Vergangenen - Das Vergessen - Deutsche Kriegsopfer im Zwielicht" sprechen. Als er kürzlich in Göttingen in einer Buchhandlung aus seinem Buch lesen sollte, haben gewalttätige Linksextreme die Buchhandlung blockiert und die Besucher am Betreten gehindert, bis Friedrich, der sich weigerte, die Buchhandlung durch den Hintereingang zu betreten, die Polizei zwang, ihm und den Besuchern den Zutritt durch den Vordereingang zu ermöglichen. Wie es ihm in Neumünster ergehen wird, kann man nach den Ereignissen in Göttingen nur vermuten. Der Besuch sei ausdrücklich empfohlen.

Am Rande sei vermerkt: Die Kieler Universität jammert mit Recht seit langer Zeit, daß ihr durch die Einsparungen der Landesregierung Mittel fehlen, um den Wissenschaftsbetrieb im notwendigen Umfang aufrechtzuerhalten.

Da nimmt es wunder, daß im Vorlesungsverzeichnis der Historiker für das Sommersemester 2003 ein Seminar angeboten wird, in dem der als linksliberal weithin bekannte Professor K. H. Pohl Studenten anbietet, sie im Rahmen der Universität zu schulen, damit sie für die Reemtsma-Ausstellung "Vernichtungskrieg - Verbrechen der Wehrmacht" in Neumünster als Führer von Gruppen auftreten können. Ihnen wird dafür ein Honorar in Höhe von 23 Euro je Führung versprochen. Kann die Unterstützung einer bereits einmal wegen Unseriosität gescheiterten Privatveranstaltung Aufgabe einer Universität sein? Eine Parallelveranstaltung läßt aufmerken. Zur selben Zeit wie die Reemtsma-Show wird in Neumünster in der Anscarkirche eine Ausstellung angeboten über die Verstrickung der evangelischen Kirche in den Nationalsozialismus. Macher der Ausstellung ist Dr. Stephan Linck, ein Historiker, der am Nordelbischen Kirchenarchiv beschäftigt ist. Dieser Linck war als Student Anfang der 90er Jahre Redakteur der linksradikalen Zeitschrift "Gegenwind", deren Redaktion später identisch war mit der Zeitschrift militanter Autonomer, "Enough ist Enough!", die im Verfassungsschutzbericht als verfassungsfeindlich auftaucht.

So fügt sich alles zusammen.

Die CDU Neumünster, die sich von Anfang an gegen die Übernahme der Wehrmachtausstellung durch die Stadt gewandt hat, konnte bei der letzten Kommunalwahl einen erheblichen Sprung nach vorn machen. Sie ist jetzt mit 20 Abgeordneten im Stadtparlament gegenüber 18 der Sozialdemokraten vertreten, die früher die Mehrheit hatten, und drei der Grünen. Sie möchte mit den zwei FDP-Abgeordneten eine Art Koalition eingehen, obwohl es dergleichen in der Kommunalpolitik nicht gibt. Weil sich der Vorsitzende der Landtagsfraktion der FDP, Wolfgang Kubicki, heftig für die Reemtsmasche Propa-ganda-Ausstellung verwendet hat, scheuen sich jetzt die Christdemokraten, gegenüber dem Machwerk Flagge zu zeigen. Nun wird sie wohl in tiefes Schweigen verfallen, so daß die Linken ohne öffentlichen Widerspruch bleiben. Dr. Hübner
 
     
     
 
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