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Mitten in Südostasien wüten blutige Kämpfe doch die Welt sieht weg

 
     
 
Seit einem Monat herrscht wieder Krieg im Norden Sumatras, und keiner sieht richtig hin. Es geht um Ölinteressen, Islamismus, korruptes Militär, Folter, Deportationen, geplünderte Dörfer, verbrannte Schulen und möglicherweise den Anfang der Auflösung des indonesischen Inselreiches. 50.000 Soldaten, Polizisten und Milizionäre bekämpfen 5.000 leicht bewaffnete Unabhängigkeitskämpfer. Mindestens 260 Tote hat die Wiederaufnahme der Kämpfe schon gefordert, darunter einen älteren Fahrradtouristen aus Datteln bei Recklinghausen. Zehntausende Zivilisten wurden schon vom Militär vertrieben und in Zeltlagern und Fußballstadien unter erbärmlichen Bedingungen konzentriert. Die international
e Gemeinschaft, die USA und Australien voran, drückt ihr mildes Bedauern über den Zusammenbruch des Friedensprozesses aus, obwohl auch sie nicht an den Sieg des Militärs glaubt. Die Waffenstillstandsbeobachter aus Thailand, den Philippinen und Norwegen wurden nach der Ausrufung des Kriegsrechts am 16. Mai flugs abgezogen. Die Erschießung von Lothar Engel (53) dient zum Vorwand, alle Ausländer und unliebsamen Beobachter aus der Kriegsprovinz zu verbannen.

Seit 1873 kommt Aceh (ausgesprochen: Atscheh), die ölreiche Rebellenprovinz an der Nordspitze Sumatras mit fünf Millionen Einwohnern, nicht zur Ruhe. Die Acehnesen pflegen ihre eigene ethnische und islamische Identität. Schon im 11. Jahrhundert kamen sie mit arabischen Gewürzhändlern in Kontakt und wurden als erste im damals hinduistischen Südostasien islamisiert (heute ist nur noch Bali hinduistisch). Der Santri-Islam in Aceh gilt als besonders streng und weniger mit hinduistischen und animistischen Elementen durchsetzt als der Glaube der meisten Indonesier.

Als Sultanat und stolzes "Tor nach Mekka" am Eingang der Malakka-Straße war Aceh jahrhundertelang unabhängig. Vor 130 Jahren versuchten die Niederländer, Aceh ihrem Kolonialreich einzugliedern, was ihnen erst 1910 nach 27 Jahren Guerillakampf, 10.000 Toten und der Zerstörung der Hauptstadt Banda Aceh, die heute 370.000 Einwohner zählt, gelang. 1942 wurden die Japaner als Befreier begrüßt.

Der Unabhängigkeitskampf Indonesiens 1945 bis 49 wurde von den Acehnesen aktiv unter großen Opfern mitgetragen. Doch als das von zentralistischen javanesischen Nationalisten dominierte Sukarno-Regime in Jahre 1953 die religiösen und kulturellen Autonomierechte von Aceh abschaffte und die Provinz in die Verwaltungsregion Nord-Sumatra eingliederte, brach in Aceh erneut ein Aufstand unter Führung des bisherigen Provinzchefs los. Er wurde wie viele der damaligen ethnischen Revolten des heterogenen Vielvölkerreiches mit seinen 13.000 Inseln erst nach jahrelangen Kämpfen 1959 niedergeschlagen. Seither werden die "Indonesier" in Aceh als koloniale Besatzungsmacht ebenso gehaßt wie früher die Holländer. 1976 wurde die Bewegung Freies Aceh (Gerakan Aceh Merdekah - GAM) von Hasan die Tiro, einem im Westen ausgebildeten Nachkommen des Sultans, der heute im Exil in Schweden lebt, mit damals 150 Kämpfern gegründet. Ziel war die Unabhängigkeit Acehs, die Wiedererrichtung des Sultanats und der Scharia, eines feudalen Gottesstaates also. Drei Jahre später schien die GAM nach ebenso brutalen wie effizienten Polizei- und Militäraktionen zerschlagen.

Seit 1977 werden auf Aceh riesige Mengen an Öl und Erdgas gefördert. Alljährlich beträgt der Wert der Öl- und Flüssiggasexporte 1,5 Milliarden US-Dollar. Das meiste geht nach Japan. Der Gesamtwert der bisherigen Förderung beträgt 47 Milliarden Dollar. In Aceh ist von diesem Reichtum nichts geblieben. Spätestens 2014 werden die Öl- und Gasvorkommen, die sich im nördlichen Aceh sowohl auf dem Festland wie vor der Küste in der Straße von Malakka befinden, erschöpft sein. Die Raffinerien, Gasverflüssigungsanlagen und Pipelines der Ölstadt Lhok Seumawe werden von 3.000 Soldaten bewacht. Etwa 400 GAM-Kämpfer operieren im Umland. Gewöhnlich entführen sie einheimische Techniker oder ganze Busse von Exxon-Arbeitern, die gegen Lösegeld wieder freigelassen werden. Gelegent- lich sprengen sie Ölleitungen oder nehmen Tankwagen unter Feuer.

2001 gelang es ihnen, nach dem Kappen der Stromleitungen die Gasverflüssigungsanlage vier Monate lang stillzulegen. Dies brachte Exxon und dem indonesischen Staat einen Einnahmeausfall von 350 Millionen Dollar. Im August 2002 wurde Exxon vom International Labour Rights Fund in den USA verklagt, der Konzern habe von Morden und Folterungen seines militärischen Bewachungspersonals gewußt und nichts dagegen getan. Das ist sehr milde formuliert, denn Exxon hat sie, alle Leistungen inklusive, voll finanziert.

Die Bush-Administration argumentierte, die Klage schade den strategischen Interessen der USA und ihrem Kampf gegen den Terrorismus. Diese haarsträubende Begründung entspricht nicht einmal der aktuellen Indonesienpolitik der USA. Paul Wolfowitz, derzeit stellvertretender Verteidigungsminister und Oberscharfmacher in Sachen Irak, war zu Zeiten Reagans US-Botschafter in Djakarta. Damals trug ihm seine Nähe zum Diktator Suharto und zu dessen Generalstabs-chef Wiranto, der später für die Massaker in Osttimor verantwortlich war, einen Karriereknick ein. Seither legt man in Washington auf einen Sicherheitsabstand zur indonesischen Bürgerkriegsarmee großen Wert.

Die Militärhilfe wurde 1999 bis zur Aufklärung und Sühne der Massaker vom Kongreß gestrichen. Auch weiß man in Washington, daß die GAM Kontakte zur Al Quaida (im Gegensatz etwa zur Moro-Befreiungsfront auf Mindanao) stets abgelehnt hat. Schließlich geht es der GAM allein um ein regionales Anliegen, das ihr ein nationales ist: die Wiedererrichtung des guten, alten Sultanats und die Nutzung des Ölreichtums für Aceh, nicht aber etwa um die Errichtung eines Gottesstaats in ganz Südostasien, wie es den Terroristen von Jemiah Islamiah, den Bombern von Bali, vorschwebt.

Exxon selbst hat eine notorisch schlechte Presse. Im Hauptquartier von Irving/Texas hält man nichts von dicken Sozial- und Umweltberichten auf Ökopapier. Jetzt wäscht Exxon seine Hände in Unschuld: Die Firma könne nichts für die Regime, in denen seine Ölquellen sich zufällig befinden, sie sei nur Unterkontraktor der indonesischen Staatsfirma Pertamina, die sei für den militärischen Schutz und die Behördenkontakte zuständig. Das mag glauben, wer will. Indonesien ist eines der korruptesten Länder der Welt. Die Einkünfte eines Generals bestehen nur zu einem Hundertstel aus seinem Dienstgehalt. Der Rest besteht aus Schutzgeldern, dem Verleih seiner Truppe, dem Verkauf militärischen Geräts, aus Importlizenzen, dem Verschieben von Tropenholz und vielerlei "Spenden".

Diese werden besonders gern von profitablen ausländischen und einheimischen Unternehmen eingetrieben. Sollten sie einmal mit den Zahlungen in den Rückstand geraten oder sie gar reduzieren wollen, wird schnell ein abschreckendes Exempel statuiert. In Freetown, einer üblen Goldgräberstadt auf Westpapua, ließ das Militär im letzten Herbst einen Bus mit amerikanischen Schullehrern beschießen; zwei kamen ums Leben. Jetzt fließen die Schutzgelder wieder pünktlich. In Lhok Seumawe bekommt natürlich auch die GAM, die über Mittelsmänner "Steuern" eintreibt, ihren Anteil. Dabei gilt: je blutiger die Feindseligkeiten, desto höher die Schutzgelder an beide Seiten. Dies erklärt die ungewohnte Friedenssehnsucht der Amerikaner.

1989, in der Endphase des Suharto-Regimes, flammten die Kämpfe in Aceh erneut auf. Die GAM hatte nun 5.000 Mann unter Waffen. Libysche Ausbilder, vermutlich saudisches Geld und der Drogenschmuggel brachten reichlich Schnellfeu- ergewehre, Raketenwerfer und Mörser ins Land. Militär, Polizei und ihre marodierenden Milizen kontrollierten mit ihren schweren Waffen die Städte, die Ölfelder und die Straße (mit ihren lukrativen Straßensperren) zwischen Banda Aceh und Medan, der Hauptstadt Nord-Sumatras, die GAM die Berge, den Dschungel und die Ortschaften.

Wie in den anderen rohstoffreichen Unruheprovinzen des indonesischen Archipels (Westtimor, Westpapua, die Molukken, Borneo) operierten die Regierungstruppen nach einem vorhersehbaren Muster: Sie besetzen ein Dorf im Rebellengebiet, erschießen die männliche Jugend im Rebellenalter und foltern diejenigen, denen die Flucht in den Dschungel nicht gelungen ist. Danach wird das Dorf geplündert und angezündet. Dabei unterscheiden sich die disziplinierteren "Elite"-Einheiten, wie die Adler-Kampfgruppen, nur graduell vom normalen, schlecht ausgebildeten Militär und der Polizei. Die regulären Einheiten plündern und vergewaltigen eigentlich immer, während die Elitetruppe dies nur tut, wenn sie aus dem Ort zuvor beschossen worden ist. Die ausschließlich schmutzige Arbeit wird schließlich von Milizen erledigt, als vom Militär gedungene Räuber und Totschläger.

Für die Jahre 1989 bis 98 wurden bislang offiziell 800 zivile Tote in Aceh zugegeben. 12.000 Opfer wurden nach dem Sturz von Suharto aus Massengräbern exhumiert. Viele waren lebendig verbrannt oder vergraben worden. Die Zahl der Vermißten beträgt jedoch noch 30.000 bis 40.000. In Summe fiel der gescheiterten Kampagne ein Prozent der Bevölkerung zum Opfer. 150.000 waren auf der Flucht.

Nach dem Fall von Suharto im Zuge der Asienkrise schienen die Karten neu gemischt zu werden. Im August 1998 zog sich das Militär plötzlich aus der Ölstadt Lhok Seumawe zurück. Darauf kam es sofort zu Krawallen und den in Indonesien üblichen Plünderungen chinesischer Geschäfte. Wer die Gewalt organisiert hatte, bleibt unklar. Klar war jedoch die Botschaft der Generale.

Nach seiner Wahl versprach Indonesiens neuer Staatspräsident Wahid auch dem Fünf-Millionen-Volk der Acehnesen eine Abstimmung zur Selbstbestimmung. Sein Versprechen wurde nie gehalten. Statt dessen folgte eine Serie von Waffenstillstandsabkommen, an die sich jedoch keine Seite hielt. Das Militär tötete im Juli 1999 im Dorf Beutong 51 Zivilisten. Im Januar 2002 wurde der GAM-Kommandeur Syafic in seinem Dschungelversteck erschossen. In dem Marktflecken Pidie wurden später 120 Tote, davon 87 Folteropfer, sowie 460 Plünderungen dokumentiert. Im Sommer 2000 mußten die humanitären Helfer von USAid und Oxfam abgezogen werden, nachdem sie systematisch von der Polizei zusammengeschlagen wurden.

Trotz dieser Widrigkeiten wurde im Dezember 2002 durch die Vermittlung des Henri-Dunant-Zentrums in Genf ein Friedensvertrag unterzeichnet. Bushs Sonderbeauftragter Anthony Zinni, ein pensionierter General, hatte zuvor mit beiden Seiten Klartext gesprochen. Megawati, die Nachfolgerin Wahids und Tochter von Staatsgründer Sukarno, versprach, ihre Generale in Schach zu halten. Die Exilführung der GAM beteuerte, sie habe ihre Guerillachefs unter Kontrolle. Der Vertrag sah eine verstärkte kulturelle und religiöse Autonomie für Aceh vor, einschließlich der Scharia als Strafrecht für Muslims (als Familienrecht gilt sie ohnehin in Indonesien), sowie das Verbleiben von 70 Prozent der Öl- und Gaseinnahmen in der Provinz. 2004 sollten freie Kommunalwahlen durchgeführt werden. Die GAM stimmte ihrer Entwaffnung und der Aufgabe ihrer Unabhängigkeitsforderung zu. Demilitarisierte Zonen sollten entstehen, denn auch das Militär würde sich aus Aceh zurückziehen.

Das Friedensabkommen von Genf hatte den entscheidenden Nachteil, daß sich wieder keine der beiden Seiten an die Bestimmungen halten wollte. Das Militär hoffte, mit dem militärischen Sieg über die Separatisten seine seit Osttimor angeschlagene Reputation und seinen nach dem Abtritt Suhartos verlorenen politischen Einfluß als Retter des Vaterlandes wiederzuerringen. Für die örtlichen Kommandeure bedeutet der Krieg auch die Aussicht auf Beförderung und Beute. Die GAM, so wurde argumentiert, benutze den Waffenstillstand nur, um neues Personal zu rekrutieren, die Waffenbestände (aus Kambo-dscha und Thailand) neu aufzufüllen und offen für die Unabhängigkeit zu agitieren. Was sie denn auch tat. Ähnlich wie das Militär und die indonesische Politik ist die GAM zwischen Verständigungspolitikern und Scharfmachern fraktioniert. Als Guerillabewegung operiert sie dezentral. Viele ihrer Kampfgruppen sind wenig besser als schwer bewaffnete Räuberbanden, die ähnlich wie Polizei und Militär von der allgemeinen Gesetzlosigkeit nur profitieren. Dazu zählt der Drogenhandel, illegales Schürfen, das Fällen von Tropenholz, das Abkassieren bei Straßensperren, Schutzgelder.

Der Deeskalation war es wenig hilfreich, daß die Unterhändler der einheimischen GAM-Führung bei ihrem Versuch, zu Friedensverhandlungen nach Tokio zu fliegen, in Banda Aceh verhaftet wurden, wo ihnen mit 70 anderen arrestierten angeblichen GAM-Führern und studentischen Aktivisten jetzt ein Hochverratsprozeß droht, an dessen Ende die Todesstrafe stehen kann. Das Militär behauptet, in der Waffenstillstandszeit die meisten Unterschlupfe der GAM-Kämpfer und ihrer Führer ausfindig gemacht zu haben und in der Lage zu sein, die Bewegung schnell zu enthaupten. Die angewandten Methoden sind nicht zimperlich. Dutzende von Leichen mit unübersehbaren Folterspuren werden allwöchentlich ins Leichenschauhaus von Banda Aceh gebracht. Die meisten Verschwundenen werden jedoch nie gefunden.

Am 16. Mai wurde in Aceh erneut das Kriegsrecht ausgerufen. Der Militärgouverneur, Generalmajor Suwarya, übt jetzt die oberste militärische und zivile Macht in Aceh aus. Frau Megawati hatte einmal mehr vor ihren Generalen kapituliert. Diese erhielten ein Extrabudget von 250 Millionen Dollar und schossen aus allen Rohren. Mit Granatwerfern wurden vermutete GAM-Stellungen angegriffen. 600 Fallschirmjäger sprangen telegen vom Himmel, und die Marine beschoß und stürmte einige Inselchen. Generalstabschef Sutarto rief in Banda Aceh seine Soldaten in einer Brandrede auf: "Ich befehle Euch: Jagt sie nieder und löscht sie aus. Bringt sie um, denn dazu seid ihr ausgebildet. Finish them off."

Dann brannten auf Aceh 380 Schulen und öffentliche Gebäude nieder. Das Militär behauptet, die GAM habe dies getan, um den kulturellen Einfluß von Djakarta zu sabotieren. Die GAM wiederum beschuldigt die Polizei, vor allem die marodierende BrigMob, die sich als Agent provocateur hervortut. Die ersten Massaker in den Dörfern folgten prompt. Zentrum der Kämpfe ist die Nordküste um die Stadt Bireun. Dort wurden auch zwei kleine Mädchen und ein zwölfjähriger Junge vom Militär erschossen.

Der offzielle Opferstand liegt bei 260. Die Wahrheit ist wie immer in Indonesien ein Vielfaches. Zur Taktik des Militärs zählt, die Bevölkerung aus den Distrikten mit hoher GAM-Aktivität in Zeltlagerstädte umzusiedeln, um freies Schußfeld zu bekommen. Diese Methode hatten die Engländer schon zu Zeiten des malaysischen Aufstands der chinesischen Kommunisten auf der Halbinsel in den 50er Jahren angewandt. In Indonesien hat sie noch nie funktioniert. Schon sind 25.000 Flüchtlinge in Lagern unter unhygienischen Bedingungen zusam-mengepfercht. Die versprochenen Hilfssendungen aus Djakarta kommen natürlich nie an. Im Fußballstadion von Bireun sind noch einmal 16.500 Flüchtlinge. Mit insgesamt 200.000 Vertriebenen rechnet das Militär, das seine Kampagne in sechs bis zehn Monaten erfolgreich abzuschließen hofft. Die GAM dagegen erwartet einen langen, blutigen Abnutzungkrieg. Schon hat sie eine Militärstreife von sieben Mann in einem Hinterhalt niedergemacht.

Das internationale Echo ist überwiegend zahnlos. EU, USA und Japan drückten in seltener Eintracht ihr Bedauern über das Scheitern des Friedensvertrags aus und riefen alle Beteiligten auf, diesen doch noch zu respektieren. Niemand glaubt ernsthaft, daß das unprofessionelle indonesische Militär diesmal erfolgreicher sein wird als bei seinen bisherigen "Befriedungs"-versuchen. Andererseits will ebenfalls niemand einen ölreichen islamischen Gottesstaat am Eingang der Malakka-Straße, durch die der gesamte Schiffahrtsverkehr zwischen Europa/Arabien und Ostasien geht, der einen islamistischen Brückenkopf in Südostasien und den Anfang des Zerfalls von Indonesien darstellen könnte.

Todesschüsse beim Tagebuch-Schreiben

Südostasien ist voller radelnder Rucksacktouristen, denen das friedliche Emsland und die sonnige Camargue längst zu unexotisch geworden sind. Lothar Engel (53), Architekt, und seine Frau Elisabeth (49), Finanzbeamtin, waren zwei davon. In sechs Jahren wollten sie die Welt umradeln. Nach zweieinhalb war es vorbei. Im Internet ("Engel on tour") ließen sie die Freunde und die örtliche WAZ in Datteln an den Abenteuern in der Ferne munter teilhaben. Die Engels waren keine Naivlinge, wie sie ein indonesischer General nachher öffentlich beschimpfte. Noch eine Woche vor der Erschießung ihres Mannes hatte Frau Engel ihre Verwandten beruhigt: Sie hätten etliche Militärsperren passiert, doch von Krieg und Gewalt sei nicht viel zu sehen. Die Ruhe erwies sich als trügerisch. Als sie am 4. Juni auf dem Strand in der Nähe des Dorfes Lhok Gayo zelteten, schrieb Frau Engel im Schein einer Taschenlampe ihr Reisetagebuch. Von dem verdächtigen Licht am Strand alarmiert, eröffnete eine Armeestreife das Feuer. Lothar Engel starb nach einem Kopfschuß, seiner Frau wurde das Knie zerschossen. Das Militär ließ sie später eine Erklärung unterschreiben, sie hätten auf Warnschüsse nicht reagiert. Für die Generalität war der Tod des deutschen Touristen ein willkommener Vorwand, nunmehr sämtliche Ausländer, insonderheit unangenehme Journalisten und Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen, aus der Kriegsprovinz auszuweisen. Jetzt übt sie ihr blutiges Handwerk ohne fremde Zeugen aus.

Krisengebiet: In der ölreichen Provinz Aceh wird um die Unabhängigkeit von Indonesien gekämpft. Ist diese erlangt, soll Aceh zu einem islamischen Gottesstaat werden. Karte: Kohls
 
     
     
 
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